Am 13.09.11 war es wieder soweit. Für die Erstklässler ein aufregender Tag: Endlich beginnt der Ernst des Lebens und für die „Großen" tun sich zahlreiche Fragen auf: Bleibe ich meiner alten Klasse, welche neuen Klassenkameraden und welche Lehrer bekomme, wie wird mein Stundenplan aussehen?
An der Schule und am Lehrpersonal haben sich schon immer die Geister geschieden, schließlich hat jeder von uns Höhen und Tiefen in seinem Schülerleben durchgemacht und wie nah lagen dabei „Himmel hoch jauchzend" und „zu Tode betrübt" beieinander?
Und was hat sich im Schülerleben nicht alles verändert? Fast 100 Jahre bestimmte die Schiefertafel den Schulalltag, dann kamen Hefte, Federhalter und Tinte, schließlich hielt der „Füllfederhalter" Einzug, abgelöst durch Filz- Folienstifte und heute ist selbst in den Klassenzimmern sogar die gute alte Tafel passe; Whiteboards, Beamer und Bildschirme bestimmen das Unterrichtsgeschehen neben dem Taschenrechner und dem Laptop.
Herzogenaurach hat heute ein breit gefächertes Schulwesen zu bieten: Förderschulen, Grund- Haupt- und Mittelschule, Realschule, Gymnasium und Berufsschule sind in der Stadt vorhanden und vielleicht kommt demnächst noch eine Fachoberschule dazu.
Vor sechs Jahrzehnten war das noch alles anders. Vor allem durch den Zuzug von Flüchtlingen und Heimatvertriebenen, Herzogenaurach hatte vor allem Frauen mit Kindern sowie alte Menschen aufgenommen, war die Schulraumnot extrem angestiegen. G.B. Jahrgang 1939 erinnert sich: „Das alte Bubenschulhaus in der Hauptstraße war längst zu klein geworden. Wir waren 60, 70 Schüler in der Klasse und mussten umziehen, hinauf ins Schloss. In den pausen wurden wir hinunter geführt zur Schulbaracke am Postplatz, wo es die Schulspeisung gab. Bei der großen Klasse mussten die Lehrer eisern Disziplin halten und da gab es noch „Pfötschla" (Schläge mit dem Stock auf die Fingerkuppen), „Schelln" (Ohrfeigen) und man wurde auch manchmal über die Bank gelegt....." Kuno Wachter hieß der gestrenge Schulleiter und später folgten ihm Michael März und Otmar Seifert.
„1953 sind wir dann in die Carl-Platz-Schule" am Wiwa-Weiher umgezogen", erinnert sich M.D., der als „Flüchtlingsbub" mit Mutter und Schwester aus Schlesien an die Aurach gekommen war. Am liebsten erinnert er sich an seinen Banknachbarn J. G. , der aus einer Metzgerei stammte, immer eine hervorragende Brotzeit dabei hatte und diese mit demjenigen geteilt hat, der dem Metzgersohn die Hausaufgaben abschreiben ließ.
In der Carl-Platz-Schule gab es im Untergeschoss sogar Duschen „und einmal in der Woche durften wir die benutzen. Aber wir haben Badehosen angezogen oder in der Unterhose geduscht, weil wir uns „nackert" zu sehr geschämt hätten. Badezimmer oder Badewannen zu Hause hat ja kaum jemand gekannt", so der heute 69-jährige M.D. „Und als das Hallenbad fertig war, durften die Schüler sogar „baden", so nannte man den Schwimmunterricht. „In der neuen Schule war alles su arch sauber" erinnert sich R.K., „ganz anders als in der alten Knabenschule in der Hauptstraße (gegenüber der heutigen Sparkasse), wo es noch keine Wasserspülung am Abort gegeben hat."
Und wie war es bei den Mädchen? Streng getrennt von den Buben wurden sie im Mädchenschulhaus am Kirchenplatz unterrichtet. Die armen Schulschwestern und die Maria Ward Schwester waren die Lehrkräfte, die man nach dem Zusammenbruch mit offenen Armen wieder aufgenommen hatte und die unverzichtbar für die Erziehung der Mädchen waren. Die gestrenge Mater Rosalie, später Ehrenbürgerin, hat dabei das Schulleben geprägt.
In der Erlanger Straße unterrichtete Konrad Bucher nach dem Kriegseinsatz die Berufsschüler. Der spätere Schulleiter war später als Regierungsdirektor verantwortlich für das gesamte Berufsschulwesen in Oberfranken. Besonders beliebt bei den Schülern war Dr. Ruth Schech, die Frau des hiesigen Zahnarztes. Vor 50 Jahren bezog die Berufsschule ein neues Gebäude jenseits der Aurach, das heute in die Realschule integriert ist. Die Realschule selbst, damals noch Mittelschule, bezog die Räume der „alten" Berufsschule gegenüber dem Liebfrauenhaus (1961), die heute noch für Vorträge und Veranstaltungen der Stadt genutzt werden. 1965 erhielt die Schule ein eigenes Gebäude an der Hans- Maier-Straße.
Seit 1972 besitzt Herzogenaurach ein Gymnasium, daneben erfreuen sich die private Schule im Liebfrauenhaus mit Grund- und Hauptschule sowie die Montessori Schule zunehmender Beliebtheit.
Klaus-Peter Gäbelein