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Macht und Mode 3

Als in Herzogenaurach die Zahl der Hochzeitsgäste vorgeschrieben war

Herzogenaurach. (gä) Mit der Mode im Mittelalter beschäftigte sich der Heimatverein in seinem ersten Vortrag im Kalenderjahr 2010. Für die kurzfristig erkrankte Universitätsdozentin Dr. Elke Goez sprang Vorsitzender K.-P. Gäbelein in die Bresche und informierte die zahlreichen Zuhörer - unter ihnen verständlicherweise viele Damen darüber, was die Bevölkerung zwischen 1000 und 1500 getragen hat, vor allem welche modischen Wechsel angesagt waren.

In einer streng reglementierten Welt war Mode war immer ein Abbild des jeweiligen Standes, in den die Menschen eingebettet waren. Bauern, Bürger und Adel mussten oder durften nur das Tragen, was ihnen von der Obrigkeit genehmigt worden war. Die ländliche Bevölkerung, anfangs nur in dunkle Kleider gehüllt, durfte sich erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts in farbige einfache Gewänder kleiden, die nur aus Leinen oder Wolle bestanden. Die wenigsten hatten ein Alltags- und ein Sonntagsgewand. Kopfbedeckungenaus Filz oder Loden waren nicht nur nützlich, sondern auch ein praktisches Attribut, das gegen Sonne, Wind und Wetter schützte.

Mit dem wachsenden Reichtum der Städte und den Einflüssen durch die Kreuzzüge seit dem 12./13. Jahrhundert wuchs das Selbstbewusstsein der Bürger, die es sich nicht nehmen ließen, den Adel in Schnitt, edleren Stoffen und Schmuck nachzuahmen. Kein Wunder also, wenn die Magistrate Kleiderordnungen erließen, die es den Patriziern untersagten, die hohen Herrschaften des Adels zu kopieren. So wurde die Kleiderlänge der Damen vorgeschrieben, wurden Pelzbesätze, aber auch Brokat, Seide und kostbare Pelze als Accessoires auf ein Minimum reduziert.

Mit der höfischen Kultur der Gotik (ab ca. 1300) wurde die „weibfeindliche" Mode, die den weiblichen Körper eingehüllt und dem männlichen Auge entzogen hatte durch aufwändige und Körper betonende Gewänder abgelöst. Zu den Borten und Stickereien gesellten sich Edelsteine und „Tasselscheiben". Das waren Broschen oder kostbare schildförmige Schmuckplatten, mit denen die Gewänder an der Schulter zusammen gehalten wurden.

Die „Cotte" (französisch: „gewagtes Kleid") mit vergrößertem Halsausschnitt und eng anliegend sowie die Taille betonend wurde von „frau" unter dem dickeren Mantel, der „Kappe" getragen. Korsetts wie im Barock waren noch nicht bekannt und ein Brustband ersetzte den erst im 20. Jahrhundert entwickelten Büstenhalter. Breite Gürtel mit kostbaren Schnallen, Beutel und Gürteltaschen gehörten zum „Outfit" der feinen Damen.

Nur die unverheiratete Frau durfte die Haare offen tragen. Die verheiratete Frau musste die Haare hochbinden oder flechten und unter der Haube tragen, denn sie war mit der Verehelichung „unter die Haube" gekommen, hatte damit ihre persönliche Freiheit aufgegeben und sich ihrem Ehegatten untergeordnet. Haarnetze waren beliebt, teilweise wurden auch leichte Schleier getragen, die nicht über der Haarpracht hingen, sondern auch über das Gesicht reichten.

Typisch für den Gesichtsschmuck der „edlen Dame" war das „Gebende", eine Leinenbinde, die vom Scheitel bis unter das Kinn reichte, die Wangen bedeckte und teilweise das Sprechen oder Lachen verhinderte, vom Küssen ganz abgesehen. Großartige Haubenaufbauten wurden bei der Damenwelt ab 1300 immer beliebter. Da gebräunte Haut als bäuerlich galt, bei den „edlen frouwen" vornehme Blässe angesagt. Mit Bleiweiß half man nach, um einen makellosen Teint zu erhalten, - ohne zu ahnen dass diese Farbe giftig war.

Während die Männer des unteren Standes, also der bäuerlichen Bevölkerung den Kopf mit wollenen Mützen oder Hüten aus Filz bedeckten dagegen, kannten die feineren Kreise den „Gugel", eine Art Haube, die man auch als Kapuze oder „Zipfelmütze" tragen konnte. Aus dem Blütenkranz, den die Angebetete dem siegreichen Ritter oder ihrem Favoriten überreichte, entwickelte sich das „Schapel", eine Art modisches Stirnband, das am Ende des Mittelalters (also nach 1500) sogar aus versilbertem oder vergoldetem und mit Edelsteinen besetzten Blech bestehen konnte.

Im Gegensatz zur Frau trugen die Männer eine Art Unterhose unter Kleidung oder Rüstung, die „Bruche". Von den Frauen ist eine solche „Unterwäsche" nicht überliefert. Die Beine wurden bei beiden Geschlechtern von wollenen Einzelstrümpfen bedeckt. Sie bis über das Knie reichten und dort geschnürt waren. Bei den Damen natürlich mit kostbaren Bänder.

Als um 1500 die Festlichkeiten und Hochzeiten immer größere Formen annahmen, weil die Anzahl der Gäste ein Abbild des Ansehens darstellten, erließen Stadtherren und Fürsten Verordnungen, um manche Exzesse auszuschalten. In Herzogenaurach wurde die Zahl der Gäste vorgeschrieben und es wurde untersagt, bei Hochzeiten oder Kindstaufen Säcke oder Behältnisse mitzubringen, „darein etwas zu fassen". So wie das „arme Schulmeisterlein" 300 bis 400 Jahre später, sorgte man bei solchen Feierlichkeiten offenbar für die Versorgung der gesamten Familie vor.

                                                                                     gä

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