Die folgenden Berichte zu Skizzen des früher in Herzogenaurach beheimateten Künstlers Karl Rösing sind keine Sagenstoffe, sie behandeln vielmehr historische Ereignisse aus Herzogenaurachs Geschichte. Rösing hat sich mit kriegerischen Auseinandersetzungen um die Stadt, mit der Rechtsgeschichte und auch mit dem Alltagsleben in der Stadt beschäftigt und Federskizzen dazu geliefert.
In Herzogenaurach gab es früher zwei Badestuben. Die „Untere Badestube" befand sich im Haus mit der Nummer 27 in der heutigen Badgasse (heute VHS) und war wohl zunächst eine städtische Einrichtung. 1456 verkaufte die Stadt das Bad an den „Hans Pader von Neustadt". Das Badehaus kam für 45 Gulden in privaten Besitz und der neue Eigentümer musste zusätzlich jedes Jahr 40 Pfennige an Pacht und eine Henne an Fastnacht abgeben.
Die „Obere Badestube" bestand bereits seit 1393 und befand sich nach einem alten Katasterplan im Haus Nr. 53 neben dem Türmersturm. Das Haus war städtisches Eigentum bis 1807 und wurde an Herzogenauracher Bürger verpachtet, die den Baderberuf ausübten. Das Ganze war als „Seelbad" des Bürgers Hermann Zirndorfer gestiftet worden und existierte bis etwa 1700. Die mittelalterlichen Seelbäder verdanken ihre Entstehung der mittelalterlichen Vorstellung, dass jedes gute Werk der Seele seines Urhebers zur ewigen Seligkeit gereichen soll.
Und so sind die „Seelbäder" also barmherzige Stiftungen und für die Armen und Bedürftigen bestimmt, die das Bad unentgeltlich benutzen konnten. Der einzige Dienst, denn die Badenden erweisen mussten, war der, dass sie den Stifter in ihre Gebete und Fürbitten einschließen sollten.
War das Bad angeheizt, dann lief der Bader durch die Straßen und kündigte dies an: „Hört reich und arm, das Bad ist warm. Wer sich will waschen und salben um houpt (Haupt) und allenthalben, es sey herr, knecht frow (Frau) oder man (Mann), dem wird gewartet schon.....(auf den warte ich bereits)"
In den mittelalterlichen Badestuben saßen gewöhnlich „Männlein und Weiblein" in einem Badezuber und ließen eine lange Prozedur über sich ergehen. Neben der allgemeinen Reinigung war das „Zwagen" (Kopfwaschen) für die meisten ein großes Bedürfnis (man glaubte wohl auch, es diene der Reinigung des Gehirns).Wie uns Rösings Skizze demonstriert, musste der Badende bei dieser Prozedur niederknien. Der Bader goss dann Lauge, bestehend aus Reben- oder Weidenasche über den Kopf und rieb danach diesen ab.
Das Kopfwaschen muss trotz allem Bedürfnis äußerst unangenehm gewesen sein. In einem satirischen Gedicht von 1535 heißt es: „Wär´ nur die Laugen nit so scharf, so soll ich lassen zwagen mich (so würde ich mir den Kopf gerne waschen lassen).... Nur her, die Laug´ ist schon gemacht, gezwagen, dass die Scharten kracht." Nur die „Besseren" konnten sich diese Prozedur mit Kamillenblüten leisten, die wesentlich angenehmer war als die beißende Aschenlauge.
Und so saßen die Badenden dann im warmen Wasser, aßen und tranken, sangen und ließen sich zur Ader lassen (schröpfen), damit sich das Blut im Körper erneuere.
Klaus-Peter Gäbelein