35. Altstadtfest
Am kommenden Freitag (04.Juni) wird 1. Bürgermeister German Hacker das 35. Herzogenauracher Altstadtfest eröffnen. Zwar ist der Wonnemonat Mai bereits vorüber, doch gilt für das diesjährige Fest in Herzogenaurachs Innenstadt das alte Sprichwort: „Alles neu, macht der Mai". Denn erstmals in der Geschichte des beliebten Festes findet die Eröffnung nicht auf der Hauptstraße zwischen den Stadttürmen statt, vielmehr lädt die Stadt 2010 in den Innenhof des Rathauses ein. Der Grund hierfür ist der Besuch einer französischen Delegation aus der Partnerstadt Ste. Luce und der Musikgruppe „Les Croozers". Die Kapelle wird nach der Eröffnung die Besucher des Altstadtfestes im Schlosshof eine Stunde lang unterhalten.
Wir wollen heute einen Blick zurück werfen in die Geschichte der Herzogenauracher Altstadtfeste in den 80-er Jahren. Da gab es regelmäßig den vom damaligen Kreisheimatpfleger Richard Tille initiierten „Geschichtstaler" zum selbst Prägen. Im Juni 1982 zeigte dieser auf der Vorderseite den schwedischen General Banner, der 1632 im 30-jährigen Krieg, also 350 Jahre zurückliegend, Herzogenaurach zur Übergabe gezwungen hatte. Und auf der Rückseite war das ehemalige Nürnberger oder Sand Tor eingeprägt, dass 1825 als erstes der vier Stadttore abgerissen worden ist.
Des Weiteren gab es 1982 zahlreiche Tanz- und Theater-Vorführungen u.a. von der Volkshochschule, der Brückeberger Trachtengruppe und dem Club der Jugoslawen (den gab es damals noch in dieser Form). Im Schlosshof und auf der Hauptstraße waren jede Menge musikalische Leckerbissen geboten und Bäckermeister Ernst Neudecker imponierte beim Schaubacken eines Baumkuchens.
Zwei Jahre später (1984) zierte die evangelische Kirche aus Anlass der 50-jährigen Wiederkehr ihrer Weihe den Taler, der in Feingold geprägt den stolzen Preis von 950 DM kostete. Die Ankündigung dieses 9. Altstadtfestes nahm im Amtsblatt den stolzen Umfang von 3 ½ Druckseiten ein. Und man höre und staune: nicht weniger als 24 verschiedene Musikgruppen und Kapellen sorgten innerhalb der Stadt für die musikalische Unterhaltung an den drei Tagen.
Das Fazit des Festes im Amtsblatt vom 28. Juni 1984 lautete dann auch: „Anziehungskraft des Altstadtfestes ist ungebrochen".
Ein Jahr später, im Juni 1985, lautete die Überschrift „ Beim 10. Altstadtfest passte nur das Wetter nicht ins Programm". Den obligatorischen Geschichtstaler gab es natürlich auch. Er zeigte 1985 Herzogenaurachs Stadtsilhouette aus dem Jahr 1810. Neben verschiedenen Handwerkerdemonstrationen wurde vor allem das Kinderprogramm des Freizeitheims gelobt, das damals im Innenhof der Bäckerei stattfand. Und gleich nebenan konnte Alt und Jung zusehen, wie Schmiedemeister Pferde beschlug.
Und was gab es 1986 Besonderes am Altstadtfest? Ein Drechsler und ein Glasbläser zeigten ihre Fertigkeiten, der Fotoclub lud zu einer Fotoausstellung in die Schalterhalle der Sparkasse ein, der KCH ermittelte den Stadtmeister im Maßkrugstämmen, vor der damaligen „Stofftruhe" (heute W&W Optik) präsentierte erstmals die Partnerstadt Wolfsberg „Lavanttaler Jausen" nebst einem Preisausschreiben, das einstige„adidas Sporthotel lud zu Champagner und Zwiebelkuchen vor dem damaligen Anwesen von Sport Hoffmann (heute NKD Kaufhaus) ein und alle Sport Begeisterten konnten das Sportschuhmuseum der Firma „adidas" besichtigen.
Jahrelang gab es beim Altstadtfest ein Podium vor dem Hotel „Krone". Der Karnevalsclub war hierfür verantwortlich. Einzelne Garden und Tanzgruppen konnte hier zur Freude der Altstadtfestbesucher auftreten. Auch fränkische Volkstanzgruppen aus Großenseebach und Lonnerstadt nutzten auf Einladung des Heimatvereins die Bühne, um fränkische Tänze zu bieten.
1987 zierte das Alte Rathaus zusammen mit anderen malerischen Fachwerkhäusern den Geschichtstaler, auf dessen Rückseite unser Stadtwappen, der „Bamberger Löwe" prangte. Erstmals nutzte der Heimatverein den malerischen Innenhof der Bäckerei Lang für fränkische Musikdarbietungen. Die Gruppe „Älabätsch" aus Nürnberg unterhielt mit Bass, Drehleier, Harmonika und Dudelsack und im Eingangsbereich des Innenhofs konnte man alte Melodien von zwei Leierkastenspielern aus Erlangen hören.
Und eine Woche nach dem Altstadtfest konnten sich die Herzogenauracher in den 80-er Jahren stets über einen „Bilderbogen" des Altstadtfests freuen, die Meisterfotograf Jupp Hagen mit seiner Leica-Kamera festgehalten hatte.
Und während man den Damen vom Frauenbund um Juliane Dassler beim Buttern zusehen konnte, schwärmten die Altstadtfestbesucher von den vielen Köstlichkeiten, die zum Essen angeboten wurden. Paul Kern gehörte mit seinen legendären Schnitzelsandwiches dazu.
Das Altstadtfest 1988 fand erstmals unter der „Aufsicht" des heiligen Georgs statt, denn sein Standbild als Brunnenfigur und von den Herzogenaurachern liebevoll als „Gerchla" bezeichnet, war im Mai desselben Jahres eingeweiht worden. Wieder beteiligten sich zahlreiche Vereine mit interessanten Darbietungen am Fest. Da wurden Rallyeautos vom 1. AC-Club ausgestellt, der Dartclub demonstrierte die hohe Kunst des „Spicker Werfens", die Stadtjugendkapelle präsentierte die Gastkapelle „Sigma Lutin" und die Jugend amüsierte sich im Schlosshof bei Klängen von „Black and White", Oase oder bei „Rictor 4.5".
Und was gab es Besonderes im Jahr 1989, als das Porträt der Ehrenbürgerin Maria Lerch und der von ihr 1934 geschaffene Kiliansbrunnen den Altstadtfesttaler zierten? Da trat die Laienspielgruppe der Staatlichen Realschule beim Heimatverein im Langschen Innenhof auf und spielte Hans Sachs Stücke, Norbert Wirth, Konditormeister auf der Hauptstraße lud zum Schaubacken ein, ein Rechenmacher ermöglichte Einblicke in sein Handwerk, man konnte beim Spitzenklöppeln zusehen und auch beim Korbflechten, die Feuerwehr lud ein zum „Ziel- und Wettspritzen".
Bürgermeister Hans Ort konnte in seinem Rückblick im Amtsblatt vom 01. Juni 1989 von einem gelungenen Fest bei „Bilderbuchwetter" sprechen. Und damals wie heute weilte eine französische Delegation aus Ste. Luce an der Aurach.
Doch schon 1989 wurde immer deutlicher: das Herzogenauracher Altstadtfest entwickelte sich immer mehr zu einer „Fress- und Trinkorgie". Die Vereine ließen sich immer weniger einfallen und versuchten stattdessen, ihre Vereinskassen durch den Verkauf von Speisen und Getränken aufzufüllen.
Klaus-Peter Gäbelein