Windsheim ist mehr als Therme und Freilandmuseum
Herzogenaurach. An die mittelfränkische Bocksbeutelstraße, nach Bad Windsheim und Ipsheim hatte es am Sonntag den Heimatverein verschlagen. Doch bevor die Frankenweinschoppen genossen werden konnten, waren Geschichte und Kultur angesagt.
Manchem Teilnehmer war der malerische Ort im Aischgrund nur durch die Therme, das Klinikum und eventuell noch durch das Freilandmuseum vertraut.
Doch der knapp 13 000 Einwohner zählende Ort im ehemaligen Landkreis UFF (Uffenheim) hat einiges mehr zu bieten.
Das malerische Städtchen mit dem „W" im schwarz-weißen Stadtwappen inmitten des Kaiseradlers war einst stolze „freie Reichsstadt". Das wiederum bedeutete, dass der Ort direkt dem jeweiligen deutschen Kaiser unterstellt war und nur diesem zahlungspflichtig war. Ab 1248 galt das für Windsheim und der Kaiser förderte den Ort wie alle seine Reichsstädte, ließ sie mit Sonderrechten ausstatten und erlaubte ihnen eine starke Befestigung, von denen noch heute in der Stadt an der Aisch Mauer- und Torreste erzählen können.
Freie Reichsstädte hatten nach der Reformation auch die Erlaubnis, beide Konfessionen in ihren Mauern beherbergen zu dürfen. Dennoch folgten fast alle der lutherischen Lehre und Windsheim wurde evangelisch. Herzogenaurachs erster Apotheker, Beyschlag aus Windsheim, hatte große Probleme im katholischen Städtchen die Genehmigung für die Apotheke zu erhalten.
Dass König Ludwig der Bayer den Ort 1343 eigens besuchte und ihm Privilegien, also Sonderrechte mitbrachte, ehrte die Stadt und ihre Bürger.
Damals gab es neben einer Martinskirche auch eine Kilianskirche, schließlich war man - wie Herzogenaurach auch - von Unterfranken her seit dem 8. Jahrhundert missioniert worden. Neben dem Augustiner-Eremiten- Kloster gab es, für Reichsstädte typisch, eine Lateinschule, einem Gymnasium heute vergleichbar. Das markante Gebäude unmittelbar neben der Kilianskirche steht nocht heute und bildet mit dem Fachwerkgebäude des evanglischen Dekanats ein eindrucksvollesEnsemble, das dem Städtchen einen besonderen herrschaftlichen Charakter verleiht. Nicht zu vergessen, was Gotteshäuser betrifft, ist auch die Spitalkirche , die heute das beeindruckende und sehenswerte Museum „Kirche in Franken „ beherbergt und mit zum Komplex des Freilandmuseums gehört.
Reichsstädte wie Rothenburg, Weißenburg, Nürnberg und eben Windsheim waren wohlhabend. Der 1509 von Tilmann Riemenschneider geschaffene „Zwölfbruder-Altar" in der Kilianskirche ist Ausdruck für diesen reichststädtischen Reichtum.
Windsheims Geschichte weist daneben auch recht dunkle Seiten in der Geschichte auf: obwohl man bereits ab 1525 der „alten (katholischenn) Lehre abgeschwört hatte, kam es Ende des 16. Jahrhunderts zu 25 Hexenver-
verbrennungen. Und dann wurde die kaiserliche Stadt im 30-jährigen Krieg noch mehr gebeutelt als das bambergische Herzogenaurach. An der wichtigen Duchgangsstraße zwischen Frankfurt und Nürnberg gelegen, fanden die Soldaten des Schwedenkönigs Gustav Adolf reichlich Beute.
Fast ebenso schlimm war der Stadtbrand, dem 1730 beinahe die halbe Stadt zum Opfer fiel. Mit erstaunlicher Geschwindigkeit wurde der Ort wieder aufgebaut und so entstanden stattliche Verwaltungsbauten, wie das Rathaus, und ebensolche Bürgerhäuser rund um den Marktplatz.
Schon seit 1752 entdeckte man Solequellen, die als „Gesundbrunnen" bezeichnete und Grundlage dafür sind, dass die Stadt 1961 den Tital „Bad" verliehen bekam. Mit dem 30 Hektar großen Kurpark, dem Kurhaus 1906 bereits errichtet, mit Therme und Salzsee, sowie dem Klinikenbereich und nicht zuletzt dem 1982 errichteten Freilandmuseum besitzt Bad Windsheim zahlreiche Attraktionen, die besuchens- und liebenswert machen.
Klaus-Peter Gäbelein