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Vortrag: Wolfgang Wüst Kriminialgeschichte – Tatort Franken

 

Herzogenaurach. Ein interessantes Thema und ein packend darstellender Referent waren der Garant für einen sehr gut besuchten Vortrag beim Heimatverein. Professor Wolfgang Wüst vom Lehrstuhl für Bayerische und Fränkische Landesgeschichte der Universität Erlangen, ein langjähriger Bekannter beim Heimatverein, hatte das ansprechende Thema gewählt „Kriminalgeschichte - Tatort Franken - die Entstehung der Zuchthäuser“.

Angesichts der in Franken zuletzt gedrehten „Tatort Krimis“ (in Nürnberg, Bamberg, Würzburg) war die Erwartungshaltung der Zuhörer verständlicherweise sehr hoch – und die Besucher wurden nicht enttäuscht.

 

Da man im Mittelalter keine Freiheitsstrafen kannte, waren nach der Bamberger Halsgerichtsordnung von 1507 in erster Linie zahlreiche Ehrenstrafen (am Pranger stehen, die Halsgeige tragen oder in der Trinkertonne sitzen für Hoffart, Spiel-, Fress-  und Trunksucht) an der Tagesordnung. Daneben gab es Verstümmelungsstrafen (Abhacken einzelner Körperteile), vor allem aber Folterstrafen, wie das Rädern oder bei schwerer wiegenden Delikten die Hinrichtung am Galgen oder mit dem Schwert durch den Henker, auch Scharfrichter genannt.

Während in Herzogenaurach oberhalb des Köpfwasens (heutige Straßenbezeichnung), am Galgenhof oder an der Roten Klinge (Lohhofgebiet) Todesurteile vollzogen wurden, geschah dies in Nürnberg teilweise durch bühnengerechte Darstellung: man zimmerte regelrechte Schaubühnen, um notorische Sünder, Diebe, Räuber und Mörder vor zahlreichen Schaulustigen einer „gerechten Strafe“ zuzuführen. So wurde dem „gemeinen Gotteslästerer Michael Ott die Zunge aus dem Kopf gerissen....und auf der Fleischbrücke an die Stange geheftet“, bevor die Hinrichtung erfolgte.

Infolge der territorialen Zerstückelung Franken gab es vor allem an den Grenzübergängen gesetzbrechende Gruppen, die sich häufig durch Flucht über die Grenze (z.B. über die Aurach ins reichstädtische Nürnberger „Ausland“) der Verurteilung entzogen. Hier war der Fränkische Reichskreis gefragt, der durch grenzüberschreitende Kooperation zusammen mit den lokalen Herrschaften die Verfolgung von Räuberbanden organisierte. Bis ins 16. Jahrhundert lieferte man Strafgefangene auch an die Seerepubliken Venedig und Genua aus, wo sie angekettet auf Galeeren rudern mussten. So auch bei der Seeschlacht von Lepanto gegen die Türken im Jahr 1571, wo Tausende von Rudersklaven auf den untergehenden Schiffen ertranken.

Aus Holland, dem protestantischen Norden Deutschlands und aus England übernahm man zu Zeiten des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648) die Arbeitshäuser für chronische Übeltäter. In unserer Gegend machten Nürnberg (1670) und Bayreuth (St. Georgen 1724) den Anfang mit diesen Anstalten. Bald folgten Ansbach (1727) und Schweinfurt (1777). Hier wurden auch „herumstreichende Bettler“ zur Sesshaftmachung, „öffentliche Dirnen und Kupplerinnen“, „vagabundierende und heimatlose Arme“ oder „zügellose Jugendliche“ untergebracht.

In Nürnberg wurde 1784 ein 17 jähriges Mädchen auf Kosten seines Vaters zur „Korrektur“ (Besserung) eingeliefert. Hier hatte man stets auch freie Plätze, um schwer erziehbare Kinder aufzunehmen, wie jenen 12-jährigen Knaben, den ein Nürnberger Vater wegen „beharrlichen Ungehorsams und liederlicher Aufführung“ ins Zuchthaus einweisen ließ! Diese Einrichtungen wurden somit zu reinen „Erziehungsanstalten“.

 

In Nürnberg saßen teilweise 75 Männer und eben so viele Frauen ein, die bisweilen – für Tätigkeiten herangenommen wurden, die uns heute als sinnlos erscheinen, wie für das Herstellen von Sägespänen mit Handraspeln. Daneben mussten die Insassen die Gassen fegen oder Kraut stampfen, aber auch Brillengläser schleifen, wobei sich die Aufseher oftmals einen satten Nebenverdienst sicherten. Vielfach mussten weibliche Insassen auch spinnen und weben. Am härtesten waren wohl die Arbeiten in Steinbrüchen in Oberfranken und in der nördlichen Oberpfalz.

Als unzulänglich erwies sich zur Identifizierung und Kontrolle das von den Reichskreisen initiierte Ausweisungssystem. Bettler- und Vagantenpässe enthielten zwar Angaben zur Person (Alter, Haar- und Augenfarbe, Statur usw.) oder eine Nummerierung. Bisweilen wurden Bettler auch mit Brandzeichen am Körper oder durch gestanzte Bettelzeichen aus Messing oder Blech gekennzeichnet. Doch war damit keine perfekte Überwachung sichergestellt, zumal es auch an entsprechendem Überwachungspersonal mangelte.

In der Bundesrepublik wurde die Zuchthausstrafe 1969 abgeschafft, in der DDR 1968, doch hatten hier einzelne Strafanstalten wie beispielsweise jene in Bautzen bis zum Ende der DDR mit disklriminierenden und menschenunwürdigen Strafen noch immer den Anstrich von Zuchthäusern.

 

Klaus-Peter Gäbelein

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