Herzogenaurach. Seit 21 Jahren koordiniert die Deutsche Stiftung Denkmalschutz bundesweit den „Tag des offenen Denkmals", dessen Erfolg auf dem guten Zusammenwirken von Eigentümern, Denkmalbehörden, Bürgerinitiativen, Kommunen sowie Heimat-, Kulturvereinen und Tourismusämtern beruht..
Der Heimatverein beteiligt sich seit Jahren an diesem Tag mit Führungen und Informationen, so auch am gestrigen Sonntag, als es um das Thema „Farbe" ging. Lange haben wir überlegt, was wir zu dieser Thematik beitragen können, so der 1. Vorsitzende, Klaus-Peter Gäbelein., „denn nur orangefarbene Kindergärten und Schulen in der Stadt sind noch keine Informationsveranstaltung wert."
Bei seinem historischen Stadtrundgang zum Thema „Farbe" hatte Gäbelein drei Schwerpunkte gesetzt, bei denen ihm der Herzogenauracher „Farbexperte" Norbert Gast (Firma KUWE) hilfreich hilfreich zur Seite stand. Bei den Rundgang durch die Innenstadt ging es um die Themen „Farbe an Fachwerkhäusern", „Farbe in der Pfarrkirche St. Magdalena" und um das Thema „Farben und Farbherstellung" früher .
Unser fränkisches Fachwerk ist im Regelfall immer rötlich bis braun oder schwarz, was die Balken betrifft. Die Gefache sind dabei ursprünglich stets weiß gestrichen. Fachwerk, d.h. Holzkonstruktionen aus Balken mit dazwischen verputzten „Fächern" oder „Gefachen" finden wir von jeher in allen Ländern. Reine Steinhäuser sind und waren früher sehr selten, denn Steine kosteten viel Geld und waren teuer. Und wer sich ein reines Steinhaus leisten konnte, war schlicht und einfach „steinreich."
Dabei herrscht beim fränkischen Fachwerkbalken die Farbe „Ochsenblut" bis braun sowie schwarz vor. Laut Norbert Gast hat man hierbei „dem Ochsenblut nach dem Schlachten noch Leinöl und Farbmischungen von Eisenoxid zugesetzt und damit die Balken imprägniert. So erreichte man die verschiedenen Farbabstufungen, die man bei allen Herzogenauracher Fachwerkhäusern mit diesen Tönen feststellen kann und die den Vorteil hatten, dass man das Holz gegen Holzwürmer geschütztz hat." Für schwarzes Fachwerk eignete sich am besten Ruß, den man mit Firnis (Leinöl) versetzt hat sowie Erdfarben.
Farbiges Fachwerk, wie man es in Nordhessen oder Niedersachsen findet, hat es in Herzogenaurach eigentlich nie gegeben. Einzige Ausmahme mit farbigen Elementen: es ist das sog. „Schrepfers Haus" an der Ecke Marktplatz-Hauptstraße (erbaut wohl bereits vor dem 30-jährigen Krieg, also vor 1618). Hier sind die Außenpfosten mit Schnitzwerk versehen, das farbige Verzierungen enthält: Blumen und Ornamente an der Südecke, eine Art „wilden Mann" mit Gesicht und angedeutetem Bart an der nördliche Ecke.
Zusätzlich sind auf dem Fachwerk farbige Wappenschilde (des Baders und Stadtmusikanten: Schere, Rassiermesser und Horn für den Stadtmusikanten) angebracht.
In unserer Magdalenenkirche imponiert noch heute dias farbige Tonnengewölbe mit seinen rund 1000 Sternen und dem eindrucksvollen Rankenband am Ende des Sternenhimmels. Seit dem ausgehenden Mittelalter waren auch die Wände farbig. Farbige Glasfenster waren wohl ähnlich eindrucksvoll wie die Fresken an den Wänden zwischen den Fenstern. Heute findet der Besucher im Stadtmuseum noch zwei 124 cm x 360 cm große Fresken (Wandmalereinen auf nassem Kalk) mit Szenen aus der heiligen Schrift. Hierbei handelt es sich um die Werkzeuge , die bei der Kreuzigung verwendet worden sind sowie um eine Erscheinungsszene mit dem ungläubigen Thomas, der seine Hand in die Seitenwunde des auferstandenen Christus legt.
Auf dem zweiten Wandgemälde (ebenfalls 160 x 240 m) sind eine Kreuzigungsgruppe und ein Zug von Heiligen dargestellt, u.a. sind ein hl. Georg und ein hl. Martin zu erkennen. Ein drittes Teilstück von Fresken aus der Pfarrkirche befindet sich im Fehnturm; auf ihm sind allerdings nur einzelne Bildfetzen zu sehen.
Der letzte Teil der kleinen Stadtexkursion führte die rund 30 Besucher in das älteste Haus der Stadt in den Steinweg Nr.5. Anhand der blauen Schablonenmalerei erfuhren die Besucher Wesentliches zur Farbbedeutung und Farbherstellung seit dem Mittelalter. Die Farbe blau symbolisierte einst den Reichtum seines Besitzers. Blau hatte seit dem 16. Jahrhundert purpur als Zeichen von Wohlhabenheit abgelöst. Purpur wurde aus dem Saft der Purpurschnecke gewonnen und vom noch beliebteren Indigo, einem kräftigen und leuchtenden Blau, aus Indien abgelöst. Es ersetzte oft das wesentlich blassere Blau der Farbpflanze Waid ersetzt.
Die Waidgewinnung hauptsächlich in Nordbayern, Thüringen, der Lausitz und in Sachsen beheimatet, war ein aufwändiger Prozess: Waid ernten, Waidbrei herstellen, trocknen, malen und dann mit Urin versetzen, um zu oxidieren, alles das war zeitraubend und vor allem übelriechend und hat sich auch in verschiedenen Redensarten dokumentiert (Blau machen, blauer Montag usw.).
Das „Blaue Schloss in Obernzenn", ein blaues Fachwerk oder nur eine blaue Wand waren immer Zeichen von Wohlhabenheit. Seit dem ausgehenden 19. Jahrhundert gab es laut Norbert Gast den blauen Farbstoff aus chemischer Erzeugung zu erwerben, so dass er für alle erschwinglich war.
Im abschließenden Exkurs erfuhren die Besucher aus berufenem Munde Weiteres über die Farbherstellung - meist aus pigmentierten Erden oder Steinen - und die Bedeutung der Farben. Dabei hatte ein helles Gelb einen negativen Beigeschmack, denn „niedrige Damen" aus einem bestimmten Milieu sowie Juden mussten sich mit gelben Schleifen oder Hüten zu erkennen geben.
Klaus-Pter Gäbelein
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