Zum 34. Altstadtfest erwartet unsere Stadt wieder zahlreiche Gäste, die voller Bewunderung durch die romantische Altstadt schlendern, die historische Bausubstanz bewundern und sich im Umfeld der Stadttürme, des Schlosses und des Alten Rathauses wohl fühlen und bei zünftiger Musik, bei fränkischem Bier, bei einer guten Brotzeit fröhlich feiern. Neben Delegationen aus den Partnerstädten werden auch 70 Mitglieder des FC Grins/Tirol die Schlappenschusterstadt besuchen und dann sicher voller Eindrücke in Richtung Arlberg zurück fahren.
Vielen Gästen werden bei einer historischen Stadtführung ins 19. Jahrhundert zurückversetzt werden, in eine Zeit da die kleine Stadt gerade einmal 20 Jahre zum Königreich Bayern gehörte. Begeben wir uns also auf eine Reise durch das Städtchen zwischen den Jahren 1830 und 1840. 1834 zählte man hier 421 Familien mit 1814 Einwohnern. 875 Männern standen 939 Frauen gegenüber. Herzogenaurach, zunächst dem Rezatkreis zugeteilt, was dem heutigen Mittelfranken entspricht kam jedoch durch eine Reform 1837 an den Obermainkreis, dem heutigen Oberfranken.
Leider begann man schon in den 20-er Jahren des 19. Jahrhunderts mit dem Abbruch der Toranlagen. 1825 fiel als erstes das Nürnberger Tor (Hauptstraße, kurz vor dem Bayerischen Hof) der Spitzhacke zum Opfer, den übrigen Stadttoren blieb ein gleiches Schicksal in den folgenden Jahren nicht erspart. Außerhalb des äußeren Stadtmauerrings sah der Besucher damals kaum Häuser, aber umso mehr Hopfengärten. Lediglich die Ziegelhütte am nördlichen Ende des WIWA-Weihers (ursprünglich Wieber-Weiher = Weber-Weiher) und in der Nähe am Hirtenbuck stand das alte Hirtenhaus sowie die Fallmeisterei (hier wurden verendete Tiere „entsorgt"); sie wurde in den 40-er Jahren an den Rand des Donwalds verlegt.
Die Ziegelhütte selbst war seit 1737 im Besitz der Familie Zimmerer. 1833 übernahm Ignatz Zimmerer das Anwesen von seiner Mutter Maria Anna. Zwei Gulden und 45 Kreuzer musste Zimmerer Pacht an die Stadt zahlen, die außerdem den Preis für 1000 Ziegel und Backsteine auf 14 Gulden festsetzte.
Im Westen - vor dem Würzburger Tor standen um 1835 gerade einmal acht Häuser, wenig mehr waren es im Osten in Richtung Erlanger Straße. Gegenüber dem heutigen Liebfrauenhaus befand sich das Siechenhaus, das einst für aussätzige Kranke erbaut worden war, bald aber gleichzeitig als Armenhaus, Krankenhaus und sogar als Leichenhaus für den 1827 schräg gegenüber angelegten Friedhof diente.
Zwischen 1830 und 1840 wurden zahlreiche Linden und Pappeln in der Stadt gepflanzt, so in der Plonergasse und in den neu angelegten Weihersbachanlagen. Damals erhielt das Gelände am Weihersbach seine heutige Form. Neben einer großen „Hut" (Wiese für die Großviehweide). Schon 50 Jahre vorher waren die Bierkeller für die Lagerung des Gerstensaftes entstanden. Entlang der sog. „Frankenstraße" (in Richtung Dondörflein) wurden Obstbäume angepflanzt. Man hatte sie in Effeltrich gekauft und verpachtete sie für ein „Spottgeld", wie der Chronist bemerkt.
Beim Stadtweiher (heutiges Freibad) war ein Bleichplatz angelegt worden, der gleichzeitig für die Grasnutzung verpachtet wurde. Und ebenfalls am Südrand der Stadt finden wir die sog. „Kugelwiese" und das städtische Schießhäuschen, wo die Schützen ihre Übungen abhielten (heute Parkplatz an der Schütt). Im Bereich des Bayerischen Hofes und an der Aurach wurden damals zahlreiche Weiden gepflanzt. Die beiden Büttner Neubauer und Freudenberger erhielten gegen ein geringes Entgelt von der Stadt das Recht die Weidenruten abzuschneiden und für die Korbflechterei zu nutzen. Da zu dieser Zeit der heutige Rahmberg bebaut wurde, wurden die Tuchmacherrahmen an die Stelle des heutigen Polizeigebäudes und der Anlage gegenüber dem „Postkreisel" verlegt.
Nach 1810 waren die städtischen Türme, die alle von Bediensteten der Stadt gegen eine geringe Miete bewohnt waren, an private Interessenten verkauft worden. Die Stadtkasse war leer, weil die Zahlungen in den „Franzosenkriegen" zwischen 1796 und 1802 erheblich waren. Georg Josef Freudenberger erwarb 1833 den Schweinehirtenturm (am Hallertürlein), den Bettelvogtsturm (hinter dem Bayerischen Hof) kaufte der Webergeselle Konrad Hirschlein; der Badgassenturm war bereits im Besitz von Johann Welker und der Rahmbergturm, der Mausturm (Hirtengraben) und der Kellermannsturm in der Schütt waren an hiesige Bürger vermietet.
Die Stadtmauer, als Verteidigungsobjekt längst wertlos geworden, drohte an vielen Stellen einzustürzen. Manche Bürger nutzten sie als Außenwand für neu errichtete Ställe, Scheunen oder Wohnhäuser, wie heute noch zwischen WIWA-Weiher und Bamberger Straße gut zu erkennen ist. Durchschnittlich vier Meter war unsere Stadtmauer an den meisten Stellen hoch, hatte eine untere Stärke von 1,20 Metern und am oberen Ende immer noch 50 bis 90 Zentimeter dick.
1830 wurde auch am Schweinhirtenturm die Stadtmauer durchbrochen, um den hiesigen Bürgern den Weg in Richtung Norden zu ihren Wiesen und Feldern zu verkürzen: So entstand die Straßen-Bezeichnung „Am Hallertor" oder am „Hallertürlein".
Die Stadttore waren um 1830 von „Torwächtern" bewohnt, die im Schnitt 10 Gulden pro Jahr an Pacht zahlen mussten. Der Pflasterzoll wurde 1831 von Konrad Biermann eingezogen. Dieser beklagte sich Stadtrat, dass es ihm unmöglich sei die von der Stadt geforderte jährliche Summe von 174 Gulden und 15 Pfennige zu bezahlen, weil der Durchgangsverkehr sehr stark zurückgegangen sei und der Handel infolge der grassierenden Choleraepidemie fast zum Erliegen gekommen sei. Außerdem genossen die Bewohner von Mausdorf und Oberniederndorf solange Freiheit vom Pflasterzoll, solange sie Pflastersteine in ihren Fluren brechen und zum Bau in die Stadt bringen. Vom Pflasterzoll befreit waren auch auswärtige Reiter oder Fuhrknechte, wenn sie bei hiesigen Handwerkern „Verdienstbestellungen" machen, also wenn sie hier Aufträge erteilen und Waren liefern oder abholen.
Der Zoll richtete sich nach der Größe der Wagen und der Anzahl der Pferde. 2,5 Kreuzer mussten für eine „Chaise" (halboffener Wagen) und 1 Kreuzer für ein Pferd bezahlt werden. Da sich der gesamte Verkehr, zu Fuß oder per Wagen, auf den ungepflasterten Straßen abspielte, waren diese in einem erbärmlichen Zustand, weil ein fester Unterbau fehlte und weil sie immer wieder nur notdürftig mit Bruchsteinen, Erde oder Holzknüppeln ausbessert worden waren.
Der Pflasterzoll war daher eine notwendige Einnahme zum Erhalt und Ausbau der Straßen.
Verständlicherweise wurde nach dem Bau der Eisenbahnlinie von Nürnberg nach Bamberg der Ruf der Herzogenauracher nach dem Anschluss an das Bahnnetz seit den 40-er Jahren immer lauter. Doch sollte sich dieser Wunsch erst 1894 erfüllen.
Klaus-Peter Gäbelein