Wie aus 7 000 nur noch 2 000 und aus 143 gerade einmal 71 wurden
In den 70-er Jahren wurde in Bayern eine kommunale Gebietsreform durchgeführt. Bei der Landkreisreform wurden die Kreise und die kreisfreien Städte neu gegliedert. Die Neugliederung Bayerns war am 15. Dezember 1971 beschlossen worden. Die Ergebnisse dieser Landkreisreform wurden dann zum 01.07.1972 wirksam. Aus 143 Landkreisen wurden 71 und 48 kreisfreien Städten wurden 25. Als Ausgleich für den Verlust ihrer Kreisfreiheit erhielten diese Städte zusätzliche Rechte und durften sich mit dem Titel „Große Kreisstadt" mit einem Oberbürgermeister an der Spitze schmücken.
Die durchschnittliche Einwohnerzahl der Kreise stieg von 49 000 auf 102 000, die der kreisfreien Städte von 77 000 auf rund 135 000. Zum 01.05.1978 wurde die gesamte Reform abgeschlossen. Von 7 073 Gemeinden blieben 2 052 übrig, darunter waren 392 Verwaltungsgemeinschaften.
Seit den 50-er Jahren war es das Bestreben aller politischen Kräfte in Bayern, auf die veränderten Bedürfnisse und Ansprüche der Bevölkerung, ausgelöst durch die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Entwicklungen, zu reagieren. Das Ziel der kommunalen Gebietsreform musste es also sein, die kommunale Selbstverwaltung zu stärken, um darauf aufbauend gleichwertige Lebensbedingungen „in Stadt und Land" zu schaffen. Den vielen kleinen Gemeinden war es ganz einfach nicht möglich, den gestiegenen Erwartungen gerecht zu werden: Einrichtungen für Wasserversorgung, Abwasser und Müllbeseitigung, Freizeiteinrichtungen oder Kindergärten oder Altenheime zu finanzieren.
Besonders die kommunale Gebietsreform führte zu heftigen politischen Auseinandersetzungen. Seit Beginn der Gebietsreform sind zirka 300 Gemeinden aus einer Verwaltungsgemeinschaft ausgeschieden und verwalten sich wieder selbst, wie z. B. die Gemeinde Igensdorf im Landkreis Forchheim. Das kleine unterfränkische Ermershausen erlangte 1978 überregionale Bekanntheit, weil sich die Einwohner vehement der Eingliederung in die Gemeinde Maroldsweisach widersetzten, indem sie das Rathaus verbarrikadierten. Das Dorf wurde von mehreren Hundertschaften der Bereitschaftspolizei gestürmt, das Rathaus musste zwangsgeräumt werden. Doch am Ende siegten die „Ermershäuser Rebellen" und seit 1994 ist Ermershausen wieder eine selbstständige Gemeinde.
Herzogenaurach: Vergrößerung und Probleme
In seinem Rückblick zum Jahresende 1971 sprach 1. Bürgermeister Hans Ort von einem „kommunalpolitisch sehr bewegten Jahr". Er erinnerte seine Mitbürger daran, dass im Rahmen der Bezirks- und Gemeindereform sich die Bewohner der selbstständigen Gemeinden Burgstall (mit Steinbach und Hauptendorf) und Hammerbach (mit Welkenbach mit rund 1230 Einwohnern und einer Fläche von 1 465 Hektar für die Eingemeindung nach Herzogenaurach entschieden haben so dass die Stadt dann 13 700 Einwohner zählen wird. Die Gemeinden Zweifelsheim und Höfen, die sich im. November 1971 ebenfalls einstimmig für die Eingemeindung ausgesprochen haben, warten noch auf die Genehmigung der Regierung (von Oberfranken !). Im Stadtrat wurde im Dezember 1971 eine Verwaltungsgemeinschaft mit der Gemeinde Aurachtal (bestehend aus Aurachtal und Weisendorf) abgelehnt. Der Leiter der Stadtwerke, Gerhard Höper, machte zusätzlich darauf aufmerksam, dass mit den Eingemeindungen der Wasserverbrauch so steige, dass Fremdwasser aus der „Eltersdorfer Gruppe" hinzugekauft werden müsse.
Beim Neujahrsempfang der Stadt am 01. Januar 1972 wurden neben den amerikanischen Kommandeuren Knapp und Constanzo die scheidenden Bürgermeister der Neu-Gemeinden ganz herzlich begrüßt: Frischholz aus Burgstall, Seeberger aus Hammerbach und Eder aus Zweifelsheim-Höfen.
Im Februar 1972 wurden für die neuen Ortsteile Straßennamen festgelegt. In Hauptendorf waren es in erster Linie „Baum-Bezeichnungen" (Buchen-, Eichen-, Ahorn-, Erlenweg oder -Straße), in Hammerbach überwogen „Blumennamen" (Tulpen-, Flieder-, Margeriten-, Veilchenstraße).
Noch vor dem endgültigen Abschluss der Gebietsreform äußerte sich Bürgermeister Hans Ort im April 1972 wie folgt: „Wenn Herzogenaurach sich nicht bemüht hätte, die Eingliederung dieser Nachbargemeinden zu erhalten, dann wären sicher Ringzusammenschlüsse um Herzogenaurach erfolgt und hätten damit die Entwicklung auf Jahrzehnte blockiert."
Im mai 1972 war es im Rahmen einer Bürgerversammlung der Gemeinden Beutelsdorf-Haundorf zu einer Abstimmung über die Zukunft der Gemeinden gekommen. 51 Personen votierten für die Beibehaltung der Selbstständigkeit, ebenfalls 51 stimmten für den Anschluss an Erlangen und 129 Bürgerinnen und Bürger (55%) sprach en sich für einen Anschluss an Herzogenaurach aus.
Im Herbst 1972 sprach sich der Herzogenauracher Stadtrat einstimmig dafür aus, dem Gesuch der Ortschaft Beutelsdorf um Eingemeindung nach Herzogenaurach stattzugeben. Dem Antrag von Beutelsdorf war zu entnehmen, dass auch der Gemeinderat von Haundorf mit einer Eingliederung einverstanden sei (Kooperation Haundorfs mit Beutelsdorf). (Amtsblatt Nr. 41 vom 13. Oktober 1972). Man war sich im Stadtrat darüber einig, dass man auch Haundorf für einen Anschluss an Herzogenaurach statt nach Erlangen gewinnen müsse. Die Wasserversorgung wäre vom Flugplatz her problemlos zu lösen, auch die Probleme mit der Kanalisation ließen sich lösen; ein Anschluss an das Erlanger Kanalnetz könne durch Verhandlungen mit Erlangen gelöst werden. Und wie Erlangen, so garantiere man von Herzogenauracher Seite auch den Fortbestand der Schule in Haundorf. Am 19.Dezember 1973 wurde durch den Herzogenauracher Bürgermeister Ort und Haundorfs Bürgermeister Seeberger der Eingemeindungsvertrag unterzeichnet.
Die Verhandlungen mit Niederndorf bezüglich einer Eingemeindung zogen sich bis 1987 hin. Am 01. Mai 1978 wurde die „alte" gemeinde Niederndorf aufgelöst und nach Herzogenaurach eingemeindet. Damals betrug die Fläche 613 ha - 1 961 Bürger wohnten im größten Ortsteil der Stadt.
Ab 01.juli 1972 beim Landkreis Erlangen
Der Wechsel von Oberfranken nach Mittelfranken ging in der Aurachstadt relativ geräuschlos über die Bühne. Man war sichtlich froh. Künftig mehr ins südlichere Ansbach zu Besprechungen und Verhandlungen reisen zu müssen als nach Bayreuth. Und außerdem gab man zu bedenken, dass Herzogenaurach schon seit dem Mittelalter mehr nach Süden, sprich nach Nürnberg ausgerichtet war, was die engen Kontakte der hiesigen Weber und Tuchmacher in die Noris betrafen.
Der eigentliche Tag der Gebietsreform, der 01. Juli 1972, fand im Herzogenauracher Amtsblatt keinerlei Aufmerksamkeit.. Erst nachdem am 09. August 1972 der mittelfränkische Regierungspräsident Burkhardt und sein Stellvertreter Winkler der Stadt ihren Antrittsbesuch abgestattet hatten, lesen wir im Amtsblatt, wie sich der inzwischen wiedergewählte Bürgermeister Hans Ort zum Bezirkswechsel von Mittel- nach Oberfranken geäußert hat. Ort betonte, dass man um den Anschluss an den Bezirk Mittelfranken gekämpft habe und dass die engen Beziehunge4n der hiesigen Industrie eigentlich schon immer eher nach Süden als nach Norden geführt hätten. Dass die beiden Regierungsvertreter die Dankes- und Lobesworte erwiderten, versteht sich von selbst.
Im Amtsblatt Nr. 35 vom 01. September 1972 werden die Einwohnerzahlen des Landkreises Erlangen, so hieß der neue Kreis anfangs, aufgelistet. Und hier erscheinen noch Gemeinden, die im Laufe der nächsten Monate den Kreis gewechselt haben und in die Landkreise Lauf, Scheinfeld (später Neustadt/Aisch), Forchheim oder auch nach Bamberg wechselten.
Seit dem 01. Juli 1972 wurde das bisherige Landratsamt in Höchstadt „für eine Übergangszeit als Teil der Verwaltung des neuen Landkreises Erlangen weitergeführt." Zum Leiter der Dienststelle Höchstadt wurde Oberregierungsrat Günther Königstein bestellt.
Der Landkreis ERH
Mit Wirkung vom 01. Juli 1973 erfolgte schließlich die Umbenennung in „Landkreis Erlangen-Höchstadt" mit Sitz in Erlangen und der Außen- bzw. Nebenstelle Höchstadt. Die Autokennzeichen wechselten in der Folge von HÖS zu ER und Ende der 70-er Jahre zu ERH.
Anfangs bestand der neue Landkreis aus drei Städten, wobei Schlüsselfeld nach Bamberg wechselte, fünf Märkten und 51 Gemeinden. Auch hier gab es in der Folge noch Abrundungen u7nd Verluste z8ugunsten des Landkreises Bamberg. Außerdem wurde im Raum Erlangen eine Reihe von Orten in das Stadtgebiet von Erlangen integriert.
Auch das Landkreiswappen wurde den Veränderungen angepasst. Der schwarze Bamberger Löwe auf goldenem Grund mit dem silbernen Faden (Schrägbalken) blieb erhalten, aber anstelle des Einhorns als Kennzeichen des Ritterkantons Steigerwald erschien in der Folge das halbe Wasserrad in der linken Wappenhälfte (vom Wappenträger aus gesehen links). Dr. Georg Dassler war der alte und neue gemeinsame Landrat. Der beliebte Kommunalpolitiker hatte dieses Amt bis zu seinem überraschenden Tod im April 1978 inne. Sein Nachfolger wurde der damalige Landtagsabgeordnete Franz Krug.