40 Jahre sind es her, dass die Stadt durch Eingemeindungen vergrößert wurde und mit dem neu geschaffenen Landkreis Erlangen von Oberfranken nach Mittelfranken wechselte. Wichtige Ereignisse zwar, aber den „kleinen Mann" in Stadt und Land tangieren andere Ereignisse wesentlich mehr.
Da waren die Olympischen Spiele in Sapporo und in München mit dem Überfall von palästinensischen Terrorristen auf das Olympische Dorf, die Festnahme deutscher Terrorristen der RAF, mit Kämpfen in Vietnam, dem Misstrauensvotum gegen Willy Brandt und dessen Wiederwahl oder dem Ringen um die Ostverträge mit der DDR.
In Herzogenaurach gab es einiges zu feiern: So beschloss der Stadtrat, den scheidenden Stadtpfarrer Leonhard Ritter zum Ehrenbürger zu ernennen und die Patenschaft für Kaya im damaligen Obervolta zu übernehmen. Die langjährige stellvertretende Bürgermeisterin Anna Herrmann (SPD) wurde anlässlich ihres 80. Geburtstags besonders geehrt und mit der Stadtmedaille für besondere Verdienste um die kommunale Selbstverwaltung ausgezeichnet.
Es gab Richtfeste und Einweihungen, so z. B. für einen „Trimm Pfad" im Dohnwald, dessen Kosten bei 8 200 Mark lagen. In der ehemaligen Berufsschule in der Erlanger Straße wurde eine Bürgerstube samt einer Küche wiedereröffnet. An größeren Baumaßnahmen standen der Neubau der Volksschule am Burgstaller Weg, die Fertigstellung der Hauptschule am Burgstaller Weg, der Ausbau von drei Brunnen im Dohnwald, der Einbau einer Umwälz- und Heizungsanlage für das Freibad zur Diskussion und für den Welkenbacher Kirchweg und den Schleifmühlweg wurde ein Bebauungsplan festgelegt.
Nach der Volkszählung von 1970, die endlich ausgewertet worden war, lebten in der Stadt 12.450 Menschen, darunter 6,6% Ausländer (ohne die US-Amerikaner). Das bedeutete einen Zuwachs von 25,2 % gegenüber 1961.
Höhepunkt der jährlichen Feiern war wieder die Sommerkirchweih. Damals vergnügten sich die Besucher noch bei Blasmusik mit der Kapelle Fritz Bock, man tanzte auf dem Podium und strömte zum „Großen bunten Abend" am Freitag. Neben artistischen Einlagen war der Auftritt des Sängers Peter Rubin („Wir sitzen beide am selben Feuer", „Azzuro") der Höhepunkt. Der Bierpreis lag - man höre und staune - noch bei 2.60 DM für die Maß Bier. Außerdem war im Amtsblatt vermerkt „Tanzgeld wird nicht erhoben."
Großer Beliebtheit erfreuten sich vor 40 Jahren die Veranstaltungen bei der Deutsch-Amerikanischen Freundschaftswoche. Neben sportlichen Wettkämpfen im Basketball, Kegeln, Schwimmen und Golf gab es einen Geschicklichkeitsslalom für Autofahrer. Während die deutsche Bevölkerung die Kasernen und zahlreiche andere US-Einrichtung in Augenschein nehmen konnte, gab es für die US-Soldaten Führungen durch Herzogenauracher Betriebe. vornehmlich bei ADIDAS und PUMA. Man vergnügte sich bei Musik und amerikanischen Leckerbissen auf dem Festgelände auf der Base. Besonders beliebt bei den Deutschen waren Hamburger, US-Schnitzel Sandwitches und vor allem das amerikanische Soft Speiseeis.
Vor 40 Jahren strömten die Herzogenauracher noch ins Kino. Beim Galsters Helm im Bayerischen Hof konnte man sich den „Hausfrauen-Report" ansehen, durfte mit Perry Rhodan ins Weltall entschweben, man konnte erleben, wie sich Westernhelden begegnen in dem Film „Die sich in Fetzen schießen". Für die Kleinen gab es sonntags die Nachmittagsvorstellungen mit dem Yogi Bär, dem Planet der Affen oder mit Pat und Patachon.
In den Gaststätten lockten im Frühjahr Bockbierfeste, die sich vor allem bei den US-Soldatengroßer Beliebtheit erfreuten. Das Vereinshaus war während des Faschings mit zahlreichen Bällen belegt, von denen der Deutsch-Amerikanische Freundschaftsfaschingsball viele Jahre der „Renner" schlechthin war. Zusätzlich zur Sommerkirchweih feierte man in der Gaststätte Glass zur Sommersonnwende die „Johanni-Kirchweih" und im Herbst gab es zusätzlich die „Kalchgrüber Kerwa" in der Gaststätte „Frische Quelle". Am 24. Juni 1972 hatte der ASV zur Meisterschafts- und Aufstiegsfeier in das Vereinshaus eingeladen, künftig konnte man sich mit dem FC in der höchsten bayerischen Spielklasse, der Bayernliga, messen.
Damals gab es mit den Firmen Peetz und Schacher noch zwei Omnibusunternehmen, die zu Tagesfahrten (rund um den Wilden Kaiser, Tiergarten, Frankenwald und Fichtelgebirge) oder Urlaubsfahrten (Badeurlaub in Holland, Große Wienfahrt) einluden. In den Gaststätten servierten deutsche Pächter noch deutsche und fränkische Gerichte; beim Kerns Paul in der Flughafenstraße gab es Pizza, ebenso im Cafe Mauser, beim „Panfilo" (Eisdiele Cortina) in der Würzburger Straße oder später im Grauen Kater. Und der bekannte Gastwirt Fritz Amon warb für seine Sonntagsbraten im FC Heim: „Heit tut si in der Kichn nix, heit essn mir bein Amons Fritz".
Derweil fand im BIGU-Markt ein großes Negerkuss-Essen für Kinder statt und im Herbst gab es als Sonderaktion ½ Meter Stadtwurst und „ein Seidla Bier" für eine Mark.
Die Hausfrauen konnten noch in der Innenstadt Lebensmittel einkaufen: Der größte Supermarkt am Ort war der genannte BIGU (Billig und GUt) im ehemaligen Lichtspieltheater der Familie Neudecker an der Ecke Hans-Maier-Straße/Ansbacher Straße. Daneben konnte man in der Stadt noch im EDEKA Markt, in einem VIVO Laden, dem SPAR Markt am INA-Ring sowie in Lebensmittelgeschäften Bucher in der Hinteren Gasse und in der Würzburger Straße einkaufen.
Und wie hoch waren damals die Preise? Sie unterschieden sich wenig von den heutigen, allerdings in DM. So kostete ein Bocksbeutel knapp über vier Mark, die Flasche Cognac lag unter zehn Mark. Deutlich günstiger als heute waren die Spritpreise: der Liter einfaches Benzin kostete gerade einmal 59 Pfennige (ungefähr 30 Cent). Allerdings lag der Monatsverdienst eines Arbeiters auf Euro Basis umgerechnet nur bei rund 500 Euro.
Bei den Kommunalwahlen im Juni 1972 behauptete sich Hans Ort mit 74% gegen seinen SPD-Kontrahenten Karl Prokop. Die Christ Sozialen zogen mit 13 Stadträten ins Rathaus ein und besaßen fortan die absolute Mehrheit gegenüber neun Vertretern der SPD und zwei Stadträten des ÜWB. Einen ähnlich souveränen Sieg errang Landrat Dr. Georg Dassler, der in der Stadt mit satten 70% siegte und mit 50,75% im Gesamtlandkreis gleichzeitig zum neuen Oberhaupt des neu geschaffenen Großlandkreises Erlangen gewählt wurde.
Die einheimische Wirtschaft florierte: Die Firmen Weiler und Fröhlich (beide in der Würzburger Straße), Friedrich Klotz auf dem Gelände der heutigen Lebenshilfe, und die Firma Schaeffler suchten Arbeitskräfte.
Und so ging alles seinen gewohnten Gang im „Steedtla". Ruhig und beschaulich war es und am Sonntag ließ man sich die Bayernliga Fußballspiele vom FC oder dem ASV nicht entgehen - bis zu 3 000 Besucher fanden damals teilweise den Weg zu den Sportanlagen im Weihersbach.
Klaus-Peter Gäbelein