Die Entstehung der Freiwilligen Feuerwehr Herzogenaurach
Die Freiwillige Feuerwehr Herzogenaurach hat wie viele Wehren ihren Ursprung in der Turnbewegung des 19. Jahrhunderts. Auch in der Aurachstadt war es der Turnverein von 1861, der hier eine freiwillige geordnete Löschhilfe leistete.
Vom Korps der Retter zur Feuerwehr
Bis 1867 lag die die unmittelbare Bekämpfung von Bränden in den Händen der Handwerkervereinigungen (Zünfte). Der Magistrat erließ damals die Löschordnung und bestimmte, wer bei Feuersgefahr welche Aufgaben zu übernehmen und Löschhilfe zu leisten hatte. Um die zahlreichen Diebstähle während der Brände zu verhindern, erließ die Stadt Herzogenaurach 1865 eine dritte Löschordnung, in der besonders Acht gegeben wurde auf die Rettung von Personen und auf die Sicherung des Eigentums. Da heißt es :“ Zur Rettung der durch Feuersgefahr bedrohten Personen sowie des bedrohten Eigentums besteht ein eigener Verein „Korps der Retter“ genannt.
Dieses Korps (Abteilung) bestand aus 10 – 20 Mitgliedern und wurde befehligt (dirigiert) von einem Kommandanten. In das „Korps der Retter“ konnten nur Leute „von ganz unbescholtenem Lebenswandel, von erprobter Redlichkeit und zugleich von Mut und Entschlossenheit“ aufgenommen werden. Diese Rettungsstaffel setzte sich nur aus Mitglieder des Turnvereins zusammen. Kommandant war der 1. Vorsitzende (Vorstand) des Vereins.
Im November 1867 fassten die Mitglieder den einstimmigen Beschluss, dass der Turnverein in seiner Gesamtheit die förmliche Einrichtung eines eigenen „Feuerwehrkorps“ zu übernehmen bereit ist, wenn ihm “die Unterstützung seitens der Stadt und durch eine Feuerversicherung zuteil wird.“ Der Rat der Stadt gab dem Gesuch der Turner statt und händigte ihnen am 27. November 1867 3 Laternen, 4 Stricke, 1 Bindseil und 4 Säcke sowie 12 weißblaue Armbinden aus.
Diese armselige Ausrüstung wurde 1868 großzügig erweitert u.a. durch 1 eichene Steigleiter, 6 Hanfgurte, 3 Beile, 12 Sicherheitshaken und ein Sprungtuch. Ein Jahr später kamen noch 9 Beile sowie 15 Leibgurte dazu. Dem Vorsitzenden Zielbauer war es zusätzlich gelungen, eine Druckfeuerspritze zu erwerben, die sich bestens bewährte und den Namen „Turnerspritze“ erhielt.
Die Turner hielten eifrig ihre Übungen ab und in einheitlich grauer Turnkleidung sah man sie an Sonntag in der Früh militärisch stramm exerzieren.
Den ersten Beweis ihres Könnens legte Turner-Feuerwehr am 30 Oktober 1868 ab, als Stall und Scheune des Bäckermeisters Lierheimer in Flammen standen. Ein Jahr später sicherten sich die Löschmänner die Sympathien der Bevölkerung als die Turner Andreas Kurr (später als Baumeister bekannt) Kaiser und Dengler, um ihr eigenes Leben zu retten, über glühende Balken abrutschten, sich die Hände verbrannten und zu allem Unheil auch noch in eine Jauchegrube fielen.
Die Vereinsgründung
Nachdem in vielen Gemeinden des Königreichs Bayern sich schon Freiwillige Feuerwehren gebildet hatte, versammelten sich am 20. März 1881 88 Männer zur Gründung der “Freiwilligen Feuerwehr Herzogenaurach“. In den Unterlagen heißt es „…nachstehende Leute haben sich um die Gründung derselben verdient gemacht: Gehr Michael jun., St(a)udigel Valentin, Derrfuß Georg, Egerer Andreas, Hermes Johann, Herele Johann und Bauer Andreas.“
Die Eiteilung der aktiven Mannschaft sah einen Steigerzug, einen Spritzenzug und die Ordnungsmannschaft vor. Durch ihre Einsatzbereitschaft erwarben sich die Feuerwehrler die Anerkennung der Bevölkerung.
Interessant ist die berufliche Zusammensetzung der Feuerwehrkameraden im Jahr 1881. Da zählte man unter den 88 Gründungsmitgliedern u.a. 27 Tuchmacher (!), 14 Schuhmacher und 4 Schreiner. Diese Zahlen geben einen Einblick in die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt: noch war Herzogenaurach eine Tuchmacher- und Weberstadt, doch es kündigte sich bereits der Wandel zur „Schlappenschuster Stadt“ an, die mit der ersten Herstellung von „Filzschuhen“ durch Tuchmachermeister Georg Denkler (Hauptstraße) 1857 begonnen hatte. Und das Berufsbild der in der Stadt veränderte bis zur Jahrhundertwende um 1900 noch einmal: da zählte man nur noch 10 Tuchmacher (sie waren infolge des Einsatzes von mechanischen Webstühlen arbeitslos geworden), allerdings 25 Schuhmacher, die jedoch hauptsächlich als Schuhfacharbeiter in den fünf Schuhfabriken ihren Lebensunterhalt verdienten.
Doch zurück zur Feuerwehr und deren Entwicklung. Den Wert einer solchen Organisation erkannten um die Jahrhundertwende beispielsweise Feuerversicherungen und Banken sowie einige Industrielle, wie der Schuhfabrikbesitzer Berneis in der Würzburger Straße. Sie unterstützten die Feuerwehr finanziell.
Von spektakulären Feuerwehreinsätzen und der weiteren Entwicklung der Herzogenauracher Feuerwehr lesen Sie in der nächsten Folge von „150 Jahre Feuerwehr in Herzogenaurach“.
Feuerwehr „Chronik-Buch“ von 1906
Unter „F“(V)orstand Kurr wurde 1906 eine Chronik angelegt, die bis in das Jahr 1881 zurückreicht. In vorgedruckte Formblätter trug man ab 1906 ein, was man ab 1881 und (mit Lücken) bis in die Nachkriegszeit (1945) als wesentlich erachtete.
Zur „Gründungsgeschichte“ schreibt Kurr, dass die Herzogenauracher Freiwillige Feuerwehr ihre Gründung dem „Germania-Ferein“ verdanke und er nennt nachstehende Personen, die sich um die Gründung besonders verdient gemacht haben: Gehr Michael jun., Staudigel Valentin, Derrfuß Georg, Egerer Andreas, Hermes Johann, Herold Johann und Bauer Andreas.
Alphabetisch werden dann die Gründungsmitglieder aufgelistet. 30 Namen erscheinen auf der Seite 1, von Bauer Andreas bis Hupner Georg (weitere Seiten liegen leider nicht vor). Typisch für die wirtschaftliche Struktur der Stadt waren die Berufe der genannten Personen, von den sog. Gründervätern waren 7 Tuchmacher, 14 Schuhmacher und 4 Schreiner, außerdem zählte man je einen Tagelöhner, 1 Wagner, 1 Maurer, 1 Dienstboten und 1 „Ziegler“ (Ziegelbrenner). Noch heute bekannte Herzogenauracher Familiennamen tauchen dabei auf: Bitter, Bergmann, Batz, Döhler, Dicas, Galster, Gehr, Gumbrecht, Herold und Herbig sowie Hildel.
In der Folge werden für einen Zeitraum von 1883 bis 1906 all diejenigen genannt, die der Feuerwehr finanzielle Unterstützung zuteil werden ließen. Hierzu gehörten Feuerversicherungen, Banken und Firmeninhaber wie Direktor Berneis von der gleichnamigen Schuhfabrik in der Würzburger Straße. „Forstand“ Andreas Kurr, seines Zeichens Baumeister, spendierte dem Verein ein Rednerpult, eine Vereinsfahne und einen Fahnenschrank.
Breiten Raum nimmt eine Liste der Feuerwehreinsätze in Herzogenaurach und den angrenzenden Gemeinden ein. Von 1881 bis zur Jahrhundertwende (1900) zählte man 17 Einsätze, davon zwei in Niederndorf, und je einen in Kairlindach, Obermembach und Beutelsdorf. Danach werden die Einsätze weniger. Dass 1933 ein „Feuerteufel“ in der Stadt umgegangen ist, erfahren wir an anderer Stelle.
Ab 1934 fehlen Hinweise auf Einsätze. Kein Wunder, denn die Freiwillige Feuerwehr war im “tausendjährigen 3. Reich“ von 1934 bis 1945 verboten worden.
1947 rückten unsere Rothelme zu Großbränden aus, u. a. nach Lonnerstadt, zur Mälzerei nach Frauenaurach, nach Wachenroth, zu Wohnhaus-, Scheunen- und Waldbrand nach Dörflas sowie zu einem Großwaldbrand nach Buchenbühl bei Nürnberg und zu einem solchen nach Kosbach.
In den Jahren 1886, 1941 und 1947 musste die Feuerwehr bei Hochwasser eingesetzt werden, wobei die Stadt vor allem 1941 vom bekannten Jahrhunderthochwasser betroffen war. Den Haupteinsatz haben damals die Feuerwehrler vom Fliegerhorst geleistet (die FFW war bekanntlich 1934 – 1945 verboten worden) Hochwasserstandsmarkierungen sind heute noch an einigen Häusern in der Innenstadt angebracht: in der unteren Steggasse am ehemaligen Ansbacher Tor, am früheren Badhaus in der Badgasse (heute VHS-Gebäude), am Anwesen der ehemaligen Tuchfabrik Wirth (heute KUWE Markt) sowie am Anwesen Optik Bitter in der Hauptstraße.
Fein säuberlich sind die Kommandanten ab 1881 in der Chronik aufgeführt, beginnend mit Schuhmacher Michael Gehr. Gleiches gilt für die Auflistung der Schriftführer, Kassiere und der Vorstände. Bis zum 1. Weltkrieg gab es auch Adjutanten, Zeugmeister, Steigerzugführer, Spritzenzugführer und Ordnungszugführer.
Leider wurden bei Einsätzen zwischen 1895 und 1913 auch 11 Feuerwehrkameraden verletzt und mussten ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Am schlimmsten erwischte es dabei 1895 Christoph Fischer, dem von 1895 bis einschließlich 1914 sogar eine Rente zugesprochen wurde. 4800 Reichsmark insgesamt wurden ihm in 20 Jahren ausbezahlt.
Klaus-Peter Gäbelein