Herzogenaurach. September 2010, die Herbstsonne liegt über den Aisch Auen. Über 100 „Kurze" tummeln sich auf dem Fußballgelände des SC Adelsdorf. Einheitlich eingekleidet nehmen sie an einem Fußballcamp teil, das der Adelsdorfer Jugendtrainer „Diti" Pöhnl organisiert hat. Die 70 Buben und 30 Mädchen sind mit Feuereifer bei der Sache. Pöhnl und seine Assistenten, alle aus dem Jugendbereich des SCA, verstehen es, durch Abwechslung in den Trainingsmethoden, durch glänzende Organisation, die von der „Fütterung der Raubtiere", über Pausensnacks und einheitliche T-Shirts bis hin zur Urkunde über die erfolgreiche Teilnahme an diesem Trainingslager reicht, Spaß und Freude zu vermitteln.
„Die Trainingseinheiten sind echt cool", so eine der Elfjährigen aus Adelsdorf und ihr gleichaltriger Sportfreund pflichtet bei „hier lernt man viel mehr als im Training in unserem Verein."
Ob sie etwas über ihren Übungsleiter wissen, will ich wissen. Achselzucken ist die Antwort. Höchstens von ihrem Fußball besessenen Großvater könnten die jungen Kickererfahren, dass Dieter Pöhnls Fußballkarriere 1972 von seinem Stammverein, dem ASV Herzogenaurach, zu den „Schnüdeln" (Spitzname für die Fußballer vom FC Schweinfurt 05) an den Main geführt hat.
Drei Aufstiege konnte der junge Halbstürmer mit den rot-weißen vom ASV am unteren Weihersbach in Herzogenaurach feiern. Mit 17 Jahren erhielt er die Spielerlaubnis für die Seniorenmannschaft und die stieg dann mit Pöhnl I (Dieters älterem Bruder „Pepp"), Pöhnl II (Dieter), mit dem fast unüberwindbaren Kerns Thoma im Tor, mit Roland Weber, Erich Mehler, mit Scheer und Wölfli von der A-Klasse über die Bezirksliga in die Landesliga auf.
„Die Jahre in der Bezirks- und in der Landesliga waren eine wunderbare Zeit beim ASV. Wir waren eine verschworene Truppe mit „Joe" Zenger als Trainer und Mittelfeldmotor, mit Bruno Kroninger (wir berichteten), Hans Peetz und „Sepp" Welker", so Dieter Pöhnl im Rückblick. Es waren alles Spieler aus Herzogenaurach, die ohne Gage aufliefen und stattdessen die Kameradschaft hoch hielten.
Und dann kam Pöhnls Schicksalsspiel. Mit der Auswahl der Landesliga Mitte spielte er 1972 vor 6000 Zuschauern in Zwiesel gegen die Südauswahl. „Auf der Bank saßen zahlreiche Späher von Profivereinen und einer kam nach dem Spiel zu mir und gab nicht eher Ruhe, bis ich mich zu einem Probetraining in Schweinfurt bereit erklärte." Der smarte Blondschopf begeisterte bei dieser Gelegenheit, schoss vier blitzblanke Tore in einem Trainingsspiel und damit waren die Weichen für einen Vertrag ab Sommer 1972 in der damaligen Regionalliga (später 2. Liga Süd) gestellt.
Auch wenn der 26-Jährige anfangs Umstellungsschwierigkeiten bei den Grün-Weißen hatte, er war eigentlich als Torjäger verpflichtet worden, auch wenn seine Stärken eher im Mittelfeld lagen, - kurzum, er musste sich erst durchbeißen, auch wenn ihm in der ersten Saison 12 Tore gelangen. Aber bald machte sich das Sondertraining, speziell das Schusstraining, bemerkbar, das er schon als Jugendlicher unter dem damaligen Club-Jugendtrainer Jenö Vincze in Nürnberg erhalten hatte. Sein knallharter Schuss, Volley abgefasst und Seitfallzieher das waren die Stärken des Blonden von der Aurach, der auch mit dem Kopf traf, wie beim Siegtreffer gegen den Club aus Nürnberg am 13. Oktober 1974, das der 1.FCS 05 vor fast 16 000 Zuschauern mit 1:0 für sich entschieden hat.
Die Schweinfurter, ob ihrer „Halbprofis" von der Konkurrenz oft belächelt, hatten Mitte der 70-er Jahre eine „super Truppe", wie Pöhnl rückblickend feststellt. Und vor allem gab es ein treues und fast schon fanatisches Publikum. Selten waren es weniger als
7 - 8 000 Zuschauer, die den Weg ins Willy-Sachs-Stadion fanden. Sie machten die Arena zu einer fast uneinnehmbaren Festung.
Bei mageren 160 DM Grundgehalt, - dieser Betrag war vom Süddeutschen Fußballverband damals festgelegt - waren es letztlich die Erfolgsprämien, durch welche die Fußballer Geld verdienen konnten. Alle Spieler hatten einen Halbtagsjob, meist in einem der großen Schweinfurter Betriebe wie SKF oder Sachs. „Diti" Pöhnl kam seine gute Ausbildung in der Herzogenauracher Druckerei Mandelkow zugute und so arbeitete er vor dem Training in seinem erlernten Beruf als Schriftsetzer in der „Schweinfurter Druckerei und Verlagsanstalt".
Die Waldhof Buben mit Kapitän Seberth, die Offenbacher Kickers, Hessen Kassel, der FC Freiburg, Opel Rüsselsheim und natürlich die fränkischen Rivalen wie der 1. FC Nürnberg, die Ronhöfer aus Fürth, die Hofer Bayern oder 1860 München waren harte Gegner für den FC Schweinfurt. Ab seiner 2. Saison wurde Pöhnl ins defensive Mittelfeld zurückbeordert. Der 60-er Mittelstürmer Keller, der damalige Olympia Amateur Uli Hoeneß, Otmar Hitzfeld, Felix Magath (damals noch in Saarbrücken aktiv) der Augsburger Helmut Haller oder der spätere Bayern Profi Ludwig Schuster, alle bissen sich an dem lauf- und offensivstarken Herzogenauracher Vorstopper Pöhnl die Zähne aus.
Mit Torhüter Dramsch und Brunnhuber als Libero und Pöhnl war die FC Abwehr eine Bank. Und als dann noch Lothar „Emma" Emmerich, der Ex-Dortmunder mit der legendären „linken Klebe" aus Klagenfurt zu den „Schnüdeln" nach Schweinfurtwechselte, jubelten die Massen über dessen 37 Tore in 70 Spielen zwischen 1974 -1976.
Das schönste und erfolgreichste Jahr für den Herzogenauracher Fußballer in Diensten des 1.FC Schweinfurt 05 war die Saison 1974/75. In der zweigeteilten 2. Bundesliga (Gruppe Süd) verpasste man damals um Haaresbreite die Aufstiegsspiele. Weit vor dem Nürnberger Club landete man nur wegen der um acht Tore schlechteren Tordifferenz gegenüber dem FK Pirmasens auf dem 3. Platz. Pöhnl schwärmt noch heute von seinem Trainer, dem Ungarn Istvan Sztani, 1960 als Halbstürmer mit der Frankfurter Eintracht im Europa-Cup Finale.
Nach Sztanis Weggang zum VfB Stuttgart, konnten die Schweinfurter unter Trainer Peter Velhorn das hohe spielerische Niveau nicht halten. 1976 stieg man erstmals ab und die meisten Ex-Halbprofis kickten zunächst in der Bayernliga, bevor die meisten den Verein verließen.
Obwohl sich Dieter Pöhnl zusammen mit Ehefrau (eine geborene Mönius, - wie sollte es in Adelsdorf auch anders sein!) und den zwei Töchtern in Schweinfurt sehr wohl gefühlt hatte, zog es ihn 1977 zurück in die Heimat. Der gewaltige ASV Manager Herbert Haas stellte die Weichen für eine Rückkehr zum Stammverein und die enge Verbindung zwischen der Vorstandschaft des ASV zur Firma „ADIDAS" führte den gelernten Schriftsetzer letztlich zu dem Sportartikelhersteller, für den er noch über 30 Jahre im Außendienst aktiv war. Jörg Disser und Manfred Kranzfelder ebneten ihm das Feld für eine erfolgreiche Tätigkeit in der Sportartikelbranche.
„Aus dieser Zeit kenne ich alle namhaften Sportartikelhändler in ganz Bayern, ja sogar im gesamten süddeutschen Raum und diese Beziehungen sowie meine Tätigkeit als Betreuer des VIP-Bereichs beim Nürnberger Club helfen mir auch heute noch, wenn ich für mein größtes Hobby, die Jugendarbeit und für meine Trainingscamps Unterstützung und Sponsorenhilfe benötige."
Und die jugendlichen Kicker sind begeistert, wenn ihnen der „Trainer" bei Schussübungen die richtige Haltung beibringen, wenn er alle Übungen vormachen kann und genauso mit Freude bei der Sache ist wie sie selbst. Das gilt während des Jahres auch für seine E-Jugendlichen, die er so aufbauen will wie die derzeitige B- und A-Jugend des SC Adelsdorf, die unter Dieter Pöhnl das Fußball Einmaleins gelernt hat und heute jeweils um die Meisterschaft auf Kreisebene spielt.