Am kommenden Wochenende ist es wieder soweit: Herzogenaurachs Christen beider Konfessionen machen sich zur jährlich größten Wallfahrt Herzogenaurachs auf, ins unterfränkische Dettelbach am Main (22.- 24.Juni). Ein zweifaches Jubiläum kann dabei in diesem Jahr gefeiert werden: zum einen ist es die 280. Wallfahrt zur „Muttergottes im Sand“ seit Bestehen und für Helmut Fischer ist es die 31. „Strapaze“ zu Fuß, seit er 1988 die reine Fußwallfahrt wieder ins Leben gerufen hat. Zusammen mit Klaus Süß und Max Gröschel hat er das „Unternehmen Wallfahrt“ einmal mehr akribisch vorbereitet.
1738: dass in Wien Maria Theresia und in Berlin Friedrich II. in den Startlöchern saßen, um zwei Jahre später die jeweiligen Throne zu besteigen oder dass in Stuttgart der Jude Joseph Süß Oppenheimer auf einem 12 Meter hohen Galgen hingerichtet wurde, interessierte den „kleinen Mann“ im Hochstift Bamberg nicht. Er bangte vielmehr um seine Ernte. Da braute sich im Hochsommer 1738 ein furchtbares Unwetter über Herzogenaurach zusammen. Zur „gütlichen Abwendung desselben“ gelobte die hiesige Bürgerschaft „in Vereinigung mit der ganzen Pfarrei“ auf Veranlassung des Stadtpfarrers Michael Haßferther an dem „bevorstehenden Maria Himmelfahrtstag“ zur Gottesmutter nach Dettelbach zu wallen (=zur Wallfahrt aufzubrechen).
Kräftigt unterstützt wurde die Wallfahrt nach Dettelbach in den Folgejahren durch Kapläne und Pfarrer, die in der hiesigen Pfarrei Maria Magdalena wirkten. Luitpold Maier, der eifrige Heimatforscher hat 1938 vor allem Pfarrer Aschenbrenner erwähnt, der 1788 mit 1000 (!) Gläubigen anlässlich des 50-jährigen Wallfahrtsjubiläums nach Dettelbach gezogen ist. Auch Stadtpfarrer Johann Erhard Ammon, der die Wallfahrt zwischen 1750 und 1757 wegen der ständig wachsenden Beteiligung neu organisierte und ein Wallfahrtsbuch verfasst hat, wird lobend hervorgehoben. Eingangs heißt es in dem Wallfahrtsbuch mit dem Titel „Neue und verbesserte Ordnung der viertägigen Wallfahrt, die von der Herzogenaurischen Pfarrei jährlich nach Dettelbach geführt wird“ die Zustimmung verschiedener geistlicher Räte in Würzburg erhalten hat (Dettelbach gehört zum dortigen Bistum). Nach diesem Wallfahrtsbuch wurde in der Folgezeit die viertägige Wallfahrt durchgeführt, freilich mit anderen Voraussetzungen als heute. Vor rund 280 Jahren trug man noch keine bequemen Trekking- oder Wanderschuhe, keine atmungsaktive Kleidung, man musste sich von der harten Feldarbeit lösen und führte die Wallfahrt jeweils nach der „Schnitternte“ (=Getreideernte) am 15. August durch, damals wie heute bei jeder Witterung.
1780 wurde vor Beginn der Wallfahrt morgens um 4 Uhr „ein hohes Amt mit Trompeten und Pauken gehalten“ bevor es auf die Strecke ging, die heute noch identisch mit der vor 280 Jahren ist. Lediglich die Schreibweise der einzelnen Ortschaften hat sich Laufe der Jahrhunderte ein wenig geändert: so lief man damals über „Obermeinbach“ (Obermembach), „Großeichenbach“ (Großenseebach) , über “Neuenburg“, Dannberg, Hesselberg, „Grausenbechhofen“ nach Höchstadt, wo eine Rast von einer Stunde angesagt war. Über „Düngelfeld“ (Thüngfeld) und Schlüsselfeld (eine halbe Stunde Rast) führte der Weg dann über „Wasserbährendorf“ (Waserberndorf) nach Geiselwind zum Nachtquartier. Während man hier seit Jahren in bequemen Hotelbetten schläft, begnügte man sich früher mit einfachen Strohlagern in Scheunen. Und am 2. Tag nahm die Wallfahrt den Verlauf, den man seit 30 Jahren nach den historischen Aufzeichnungen immer noch nimmt: um vier Uhr war Start in Geiselwind, dann ging es über Kloster Schwarzach, Schwarzenau hinunter zur Wallfahrtkirche in Dettelbach. Von 15 Stunden Fußmarsch an den ersten beiden Tagen berichten die Aufzeichnungen und sie teilen uns auch mit, dass seit Einführung der Wallfahrt „fast von jedem Haushalten unserer Pfarrei eine Person teilgenommen hat.“ Die Zahl der Wallfahrer, wohl gemerkt alle zu Fuß, bewegte sich zwischen 300 und 500 Personen. Manche Herzogenauracher trugen sich früher am Ankunftsort auch in die dortige „Maria – Schmerz - Bruderschaft“ ein.
Schließlich verweist Luitpold Maier darauf, dass seit 1902 die Herzogenauracher Wallfahrer „die beschwerliche Reise“ von Emskirchen aus mit dem Zug durchgeführt habe und dass sie selbst während des 1. Weltkriegs ihr Gelübde nicht gebrochen haben.
Im Wallfahrtsjahr 2018 haben bereits mehrere Vorbesprechungen der Verantwortlichen stattgefunden: zwischen Wallfahrtsleiter Thomas Kotzer, dem „Chef“ der Fußwallfahrer, Helmut Fischer, Pfarrer Helmut Hetzel und dem Verantwortlichen für die Radfahrergruppe, Pastoralreferent Thomas Matzek. Die Organisatoren haben im Vorfeld wieder beste Arbeit geleistet. So steht wieder ein Begleitfahrzeug zur Verfügung, um das Gepäck nach Geiselwind bzw. Dettelbach zu bringen, der Streckenplan für die Radfahrer wurde ausgearbeitet, die gemeinsamen Wallfahrer-T-Shirts in den entsprechenden Größen wurden bestellt, eine neues Vortragekreuz wurde angeschafft und ebenso eine Jubiläumskerze, für die Walter Drebinger verantwortlich zeichnete, - vieles musste bedacht werden, nicht zuletzt auch der genaue Ablaufplan für die Aktionen vor Ort.
Am Sonntag werden dann zum Wallfahrtsamt 41 Fuß-Buswallfahrer, 31 Fahrradfahrer, 21 reine Busfahrer und die stattliche Zahl von 65 reinen Fußwallfahrern neben zahlreichen Gläubigen, die mit dem eigenen PKW anreisen, dem Wallfahrergottesdienst einen würdigen Rahmen verleihen. Einen weiteren Höhepunkt werden die Ehrungen darstellen, die nach dem Gottesdienst stattfinden.
Ehrungen: Für 25 Jahre Fahnen- bzw. Bildträger: Fritsch Traudl, Hertwich Marga, Deinhard Barbara, Welker Ursula, Steininger Erika
Für 30 Jahre : Herbst Hans (Lautsprecherträger) Tittchen Matthias und Lorenz Gabi (musikalische Begleitung)
Für 40 Jahre: Lorenz Georg und Baier Richard (musikalische Begleitung)
Für 10 Jahre Wallfahrtsleitung: Burkhardt Klaus(Gesamtwallfahrtsleitung) u. Burkhardt Helga (Stellvertretende Wallfahrtsleitung)
Für 30 bzw. 31 Jahre Fußwallfahrt Klaus Süß bzw. Helmut Fischer
Daneben wird auch der früheren Wallfahrtsleiter gedacht: der Kirchenräte Georg Ort, Josef Erhardt, Georg Seeberger und Heinrich Fink, die inzwischen verstorben sind.
Klaus-Peter Gäbelein