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Internationaler Tag der Muttersprache

Herzogenaurach. Welche Sprache sprechen Kinder, wenn man ab der Geburt nicht mit ihnen spricht? Dieser Frage ging bereits im 13. Jahrhundert Kaiser Friedrich II. nach. Der hochgebildete deutsche Staufer-Kaiser, der selbst mehrere Sprachen beherrschte und im Einflussbereich zahlreicher Kulturen (italienisch, deutsch, normannisch, arabisch und jüdisch) aufgewachsen war, ließ die Probe aufs Exempel machen: niemand durfte mit den Kindern sprechen. Das Ergebnis seines Versuchs war niederschmetternd: die Kinder starben!

Seit dem 21. Februar 1952 steht der „Internationale Tag der Muttersprache“ im Terminkalender der UNESCO und ab dem Jahr 2000 wird dieser Tag international begangen. Er soll an die Bedeutung des Kulturgutes Sprache erinnern, den Gebrauch der Muttersprache fördern und das Bewusstsein für sprachliche und kulturelle Traditionen stärken. Daneben soll der Gedenktag aber auch die Aufmerksamkeit auf Minderheitssprachen mit weniger als 10 000 Sprechern lenken. Oft ist es so, dass diese Sprachen nicht mehr an nachfolgende Genrationen weitergegeben werden und somit in Vergessenheit geraten. Zudem tragen Faktoren wie Krieg, Vertreibung, Migration und Vermischung der Sprachen zur Gefährdung der Muttersprache bei.

Wie steht es mit der Muttersprache in unserem Land? Warum sprechen wir eigentlich von der „Muttersprache“ und vom „Vaterland“? Die enge Bindung der Mutter an das Kind wird wohl den Ausschlag gegeben haben und schließlich die Vorbereitung für das oftmals harte Leben durch den Vater waren sicher prägend für die Bildung dieser Begriffe, schließlich kannten schon die Römer, die unsere Sprache Jahrhunderte mit beherrscht haben den Begriff des „pater patriae oder familiae“, des Landes- oder Familienvaters.

Das Hochdeutsche ist die in Deutschland vorgeschriebene Amtssprache, eine Sprache, in ihrer heutigen Form erst im 16. Jahrhundert entstanden (sog. „Lutherdeutsch“) die allerdings auch durch die Globalisierung und den Fortschritt veränderlich und wandelbar ist. Man denke nur an die zahlreichen Einflüsse aus dem Englischen, die in unser Deutsch Eingang gefunden haben, während im 19. Jahrhundert noch Wörter aus dem Französischen im Deutschen von unseren Vorfahren verwendet worden sind. Meine Großeltern fuhren mit dem Zug noch „nach Erlangen und retour“ (zurück), zückten das

„Portemonnaie“ (Geldtragetasche im Gegensatz zum echten „Geldbeutel“), kauften sich ein „Billett“ (Fahrkarte) und warteten auf „Peron 1“ (Bahnsteig 1) auf die Abfahrt. Unterwegs erschien der „Conducteur“, um die Fahrkarte zu kontrollieren und zu knipsen. Zu Hause saßen sie dann auf ihrem Chaiselongue (Sofa; das Wort kommt aus dem Arabischen) oder auf dem Kanapee in der guten Stube, ließen den Tag „revue passieren“, unterhielten sich über ein “Velo“ oder „Velociped“, (Fahrrad), bis dann der Großmutter einfiel, dass sie ihren „Parabluie“ (Regenschirm) in Erlangen vergessen hatte.

All das beweist, dass unsere Muttersprache einem steten Wandel ausgesetzt ist und offen ist für neue Wörter und fremde Einflüsse. Ab 1945 veränderten oder ersetzten dann immer mehr Begriffe aus dem englisch-amerikanischen Sprachbereich unser Deutsch. Ganz wenige Herzogenauracher kannten die Sprache der US-Besatzer, aber bald wussten sie mit den Zigarettenbegriffen „Pall mall) oder „Lucky strike“ etwas anzufangen und lernten, dass ein „chewing gum“ etwas zum „Kaya“ (Kauen) ist. Man erfuhr, was ein “drink“ oder „chicken“ ist. Und als ich kürzlich in einer Metzgerei, in der als Mittagsgericht „chicken wings“ angeboten wurden, nach „Gegerlas Flügel“ fragte, erhielt ich die barsche Antwort „ham mer nett“! Zum Glück hat das „Denglische“ (eine Mischung aus deutsch und englisch) unsere Sprache noch nicht „verhundst“ (auch so ein neudeutscher Begriff).

Und wie ist das mit der Mundart als Muttersprache. Hand aufs Herz, liebe Leser, wer von den gebürtigen Herzogenaurachern hat denn früher zu Hause hochdeutsch gesprochen? Unsere Alltags-Muttersprache war stets der schöne fränkische Dialekt, genauer das „Herziaurisch“ mit all seinen lokalen Besonderheiten. Und der hat sich vom Dialekt in den angrenzenden Dörfern unterschieden. Erntete man bei uns im Herbst „Potacken“ (englisch „potatoes“) oder Erdäpfel, so waren es in den benachbarten „lutherischen“ Gemeinden (ab Falkendorf im Westen) bereits die „Er(d)biern“ (Erdbirnen), die mittags auf den Tisch kamen.

Man redete wie einem der „Schnabel gewachsen“ ist: (viele dieser wunderbaren bildhaften Ausdrücke stammen aus dem Luther-Deutsch). In der Früh „hodd mer si a weng ohgwaschn“ bevor man „in der Schull“ is“, in die „Bum-Schul oder in die Madles-Schull“. Die 1. Heilige Kommunion war noch „des Kinnerbeichdn“. Man aß zu Mittag „an Pfannakugn“ statt ein „Omelette“. Am Sonntag gab´s „an Schatt“ und an der Kerwa „Kichli“; an der „Fosernachd“ kaufte man keine „Berliner“, sondern Faschingskrapfen mit „Hiffnmark“ statt mit Hagebutten- oder Nutella-Füllung.

„Blaua Zipfel“ sind bei uns nichts Unanständiges und wie schön konnte meine Großmutter zwischen Freggerla“ oder „klaaner Fregger“, „elender Fregger“, „a riesengroßer Fregger oder gar „Mameluk“ unterscheiden!

Wie schwer hatten es da seit der Kriegszeit und in den Nachkriegsjahren die Heimatvertriebenen und Flüchtlinge. Hatten sie nicht auch „hochdeutsch“ als Muttersprache? Doch andere Landschaften - andere Wörter und Begriffe. Kein Einheimischer konnte mit „schlesischem Himmelreich“ etwas anfangen und umgekehrt: die Neuankömmlinge wussten nicht, was „Baggers, Metzelsuppen oder Ingraisch“ sein sollen.

Ich pfeife auf den von den Amerikanern eingeführten Tag des „nationalen Flip Flops“, auf den „Tag der Weißwurst“ am 22.2. oder auf den „Tag der Schachtelsätze“ (25. Februar). Ich werde dem „Tag der Muttersprache“ gelassen ins Auge schauen, werde auch fortan neben dem amtlichen Hochdeutsch meine fränkischen Ausdrücke verwenden, fei wergli! Meinen Freunden und Bekannten werde ich auch weiterhin sagen „gett zu, blabd do!“ Ich werde an diesem bedeutenden „Tag der Muttersprache“ „nei zern Heller geh auf a Seidla Bier“ und ich werde mir dort „des Gegaafer, des bleede Gwaaf oder goär des Oäschgwaaf“ von meine Stammtischbrüder anhören, werde mich „a weng“ oder „gscheid“ amüsieren und an meine Großmutter selig denken, die mir immer bescheinigt hat, dass ich „gwieft“ bin und „halt a weng a Schlaggerla!“

Klaus-Peter Gäbelein

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