Im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts begann das Auto in Deutschland seinen Siegeszug. Nicht weniger erfolgreich waren die Motorradproduzenten. Vor allem Nürnberg entwickelte sich zum Mekka der deutschen Zweirad-Industrie. Maschinen aus den Werkstätten von Hercules, Mars, Rex, Triumph, Victoria, Zündapp oder Express bestimmten die Straßenbilder vor und nach den beiden Weltkriegen.
Autos waren auf den fränkischen Straßen zunächst in den 20-er Jahren eher spärlich zu sehen. Dagegen fanden die Motorradbegeisterten in zahlreichen Vereinen und Gruppen eine gemeinsame Heimat.
Im September 1929 veranstaltete der Verein „Motorradfahrer Herzogenaurach & Umgebung" ein „Tempo-Fahren". Das Rennen führte von der Aurach über Emskirchen, Neustadt, Gerhardshofen, Uehlfeld, Lonnerstadt, Höchstadt, Gremsdorf, Heßdorf zurück nach Herzogenaurach. Bedingung bei diesem Tempo-Rennen war: die Höchstgeschwindigkeit durfte 40 km/h nicht überschreiten!
Kradfahrer waren in den 20er Jahren immer wieder ein Opfer von wachsamen Bürgern und von Land-Gendarmen. So handelte sich der Maurer Martin Br. aus der Eichelmühlstraße 1929 eine Strafe von 12 Mark „wegen Schnellfahrens" ein. Statt der erlaubten 40 Kilometer war er mit 43,2 km/h unterwegs. Mit welchen Methoden die Polizei damals wohl die Geschwindigkeit gemessen hat? Nun, der Verkehrssünder bezahlte seine Strafe, statt für zwei Tage ins Gefängnis zu wandern.
Am 13. Oktober des gleichen Jahres wurde der Maler Georg K. verurteilt, weil er auf der Straße Hammerbach -Herzogenaurach mit seinem Kleinkraftrad freihändig gefahren war. Das Bezirksamt in Höchstadt verwarnte ihn mit einer Gebühr von 3 Reichsmark und zusätzlich 60 Pfennigen Gebühren und dem Hinweis, „dass er nicht nur sich, sondern auch die Passanten sehr gefährdet" habe. Außerdem drohte ihm die Behörde an, „sollten wieder berechtigte Klagen wegen Verletzung von Verkehrsvorschriften ..... einlaufen, dann wird Ihnen ...... das Fahren von Kleinkrafträdern untersagt und die Zulassungsbescheinigung eingezogen...".
Inzwischen sah man in Herzogenaurach auch die ersten Motor betriebenen vierrädrigen Kutschen. Vor und nach dem 2. Weltkrieg waren es zunächst die Ärzte und einige wenige Besitzer von Schuhfabriken, die sich ein eigenes Kraftfahrzeug gönnten. Zu ihnen gehörte die Firma Thomas Schürr, die 1927 einen PKW mit dem Kennzeichen „II H - 4443- ab" angemeldet hat und auch die „Gebrüder Dassler Sportschuhfabriken" (GEDA) waren im Besitz einer großen Limousine. 1929 hatte der Gastwirt Galster (Bayer. Hof) einen PKW angemeldet und 1932 waren die Fabrikanten Peter Mahr (Goethestraße) und Michael Gehr gefolgt.
Von einem LKW der Gebrüder Kurr erfahren wir in den Akten von 1932. Die Familien Schramm, Drebinger (Spootz) und Peetz hatten die Genehmigung, Taxis zu fahren und die Ärzte Dr. Mensch (Tierarzt) Dentist Bruckner, Zahnarzt Dr. Schech und Dr. Wölfel (mit eigenem Fahrer) waren stolze Autobesitzer.
Die erste Frau mit Führerschein und eigenem Motorwagen war die Hebamme Babette Welker. Die Großmutter von Stadtrat und Apotheker Fritz Welker genoss nicht nur die Vorzüge einer eigenen SHELL-Tankstelle vor ihrer Haustüre in der Hauptstraße, sie fuhr zu ihren „Einsätzen" mit einem braunen Hanomag-Cabriolet. Mit brauner Lederjacke und ebensolcher Lederkappe angetan fuhr sie zu den Entbindungen und manchmal durften bei Privarfahrten ihre Neffen Hans Schobert und Herbert Rattmann auf den engen hinteren Sitzen Platz nehmen. Später wechselte sie die Automarke und stieg von Hanomag auf einen von Ferdinand Porsche entwickelten Volkswagen (Käfer) um. Weil sie ihr Fahrzeug in der Scheune hinter dem Haus abgestellt hatte, handelte sie sich eine Anzeige ein und musste darauf eine Blechgarage errichten lassen
Klaus-Peter Gäbelein