Herzogenaurach. Mit dem Wunsch: „Bis Weihnachten sind wir wieder zu Hause" (Parolen bei Kriegsausbruch im August/Sepotember 1914) sollte es nichts werden, wie der Kriegsverlauf gezeigt hatte. Trotz aller Anfangserfolge der deutschen Kriegsführung im Westen und im Osten war 1915 längst keine Ende des Kriegs in Sicht.
Dennoch lief die deutsche Propaganda auf Hochtouren, auch wenn am 10. September 1914 der deutsche Vormarsch nach Westen gestoppt worden war. Später stellte sich heraus, dass dieses Datum eigentlich das Ende des Kriegs hätte bedeuten können. Über den Austritt Italiens aus dem Bündnis mit den Mittelmächten (Mai 1915) spottete man anfangs noch, doch bald musste man erkennen dass an der italienischen Front wichtige Kräfte gebunden wurden, die man besser an der Westfront hätte einsetzen können.
Ab 1915 wurden erstmals die Lebensmittel knapp. In Köln ließ der 1. Beigeordnete der Stadt und spätere Nachkriegsbürgermeister Dr. Konrad Adenauer ein „Sparbrot" aus Mais-, Gerste- und Roggenmehl entwickeln.
Trotz einer Rekordkartoffelernte (1914/15) mussten im Ruhrgebiet Kartoffeln rationiert werden.Und in Herzogenaurach? Hier war vor allem Fleisch Mangelware. Beim Gastwirt Drescher im Roten Ross (heute Sparkassengebäude) wurde (1916/17) schwarz geschlachtetes Fleisch beschlagnahmt und an die Lazarette im Liebfrauenhaus und im einstigen Kurhotel Monopol zu 1/3 verteilt; der Rest wurde an kranke Personen in der Stadt verteilt.
Es ist sicher mehr als Ironie, dass in dieser schwierigen Situation Karten gedruckt wurden, auf denen über die Not und die Enthaltsamkeit flotte Sprüche geschrieben wurden. Tatsache war, dass ab Januar 1915 Brot-, Fleisch- und Zuckerkarten ausgegeben wurden und wenig später auch solche für Milch, Butter, Eier, Fett, ja sogar eine Seifenkarte war in Umlauf. Ursache hierfür waren die britische Seeblockade, die mit Kriegsausbruch das Reich von Importen abschnitt. Und weil sehr viele Bauern zum Kriegsdienst eingezogen worden waren, schwächelte auch die Versorgung mit landwirtschaftlichen Produkten.
Am 19. Mai 1916 schreibt Christoph Daßler eine Karte aus Nürnberg an seine Frau Pauline. „Kriegsgebote für Hausfrauen" heißt es auf der Vorderseite und im Schaufenster der „Butter-Handlung" stehen Schilder mit der Aufschrift „Butter, Käse, Milch - ausverkauft." Daßler teilt seiner Frau Pauline mit, dass er (in Nürnberg, wo er immer noch gearbeitet hat) ¼ Pfund Butter für die nächsten 14 Tage erhalten hat. Sein Wunsch „...schau, dass bald Frieden wird" weist dabei recht utopische Züge auf.
Auf weiteren Karten werden die „fleischlosen Tage" angeprangert. Die Karte mit einem überdimensionalen Fisch und einem ebensolchen Kartoffelmännchen enthält das folgende Gedicht:
Fleischlose Tage.
Wir trugen in der schweren Zeit gar willig alle Lasten,
Wir werden willig ebenso, wenn´s not tut, alle fasten.
Wird knapp das Fleisch, so richten wir uns ein mit unserem Mahle,
Und eilen zu dem Hering - hier Kartoffeln in der Schale."
Und auf einer anderen farbigen Karte lesen wir die folgende Durchhalteparole:
„Fleischlose Tage.
Ob Fleisch, ob Wurst, Kartoffeln, Kohl,
Daran soll uns nichts liegen,
Wir werden mit dem Schwert sowohl
Als mit dem Magen siegen."
Klaus-Peter Gäbelein