Herzogenaurach. Andreas Fischer, Herzogenauracher mit Leib und Seele, war viele Jahre Schriftführer beim Heimatverein. Akribisch genau hat er vor 90 Jahren festgehalten, was 1926 im „Städtla“ so alles passiert ist.
Was uns heute teilweise amüsant anmutet, war damals verständlicherweise bitterer Ernst und galt durchaus als wichtig in Herzogenaurach. Beispiele gefällig?
Der Bau des neuen Postamts beschägftigte die Bevölkerung. Man einigte sich auf den „Königsplatz“ für das Postamt, allerdings unter der Bedingung, „dass die Bäume an dem Platz stehen bleiben. Für die Neubürger unserer Stadt: Das Postamt ist identisch mit dem heutigen Polizeigebäude neben dem Kreisl, noch heute von den Einheimischen als „Postkreisl“ bezeichnet und die davor liegende Anlage war einst der Königsplatz, dem die Parkanlagen in Richtung Bahnhof (heute Grünanlage in Richtung Schaeffler-Gelände) vorgelagert waren. Im Obergeschoss des Postamtes befanden sich Wohnungen für die Postangestellten und frühere Bewohner wurden vom Obergeschoss aus Augenzeuge, wie der Himmel bei Fliegerangriffen auf die Noris ab 1943 immer wieder blutrot erhellt war.
Bild Post
Breiten Raum nahm 1926 die Neubenennung der Straßennamen ein. „Die neuen Bezeichnungen wurden vom Verwaltungsausschuss unter Einbeziehung von zwei Herren des Historischen Vereins (= Heimatverein: Architekt Kurr und Lehrer Dietz) beraten. „Die neuen Straßennamen haben haben größtenteils lokalhistorische Bedeutung und bezeichnen auch die Namen von Männern (!), die sich um ihre Vaterstadt besonders verdient gemacht haben. Mit geringen Änderungen wurden die Vorschläge .......einstimmig genehmigt“. (Meldung im hiesigen Tagblatt)
Hier einige Neuerungen: die Langwiesenstraße wurde zur Kellergasse, die Promenadenstraße hieß ab sofort An der Schütt, die Klummsgasse bekam den Namen Am Schlossgraben, aus der Straße „zum Ritterskeller“ wurde die Schürrstraße, die Blumenstraße wurde in Adlerstraße umbenannt. Völlig neue Straßen wurden mit Schiller- und Goethestraße sowie dem „Stiegelein“ im Norden bzw. Westen ausgewiesen. Gleiches gilt für die Plonergasse und die Schlaffhäusergasse. Letztere hieß einst Fallmeistereiweg, führte sie doch zur Fallmeisterei (Abdeckerei) am Rande des Donwalds, wo früher verendete Tiere entsorgt oder „abgedeckt“ und für Gerbereien vorbereitet wurden. Die obere, mittlere und untere Hauptstraße wurden ganz allgemein zur Hauptstraße zusammengefasst und aus der früheren Cyprianstraße wurde der heutige Steinweg.
Weitere Umbenennungen von Straßennamen gab es schließlich nach der Regierungsübernahme der Nationalsozialisten 1933, als der Marktplatz zum Hans-Schemm-Platz (Gauleiter von Oberfranken) wurde, bevor er nach dem 2. Weltkrieg wieder seinen alten Namen erhielt. Klaus-Peter Gäbelein