Herzogenaurach (gä)
Die Bevölkerung in Bayern ist zufrieden, dass sie im Freistaat leben kann, das ergab eine Umfrage, die gestern über den Äther ausgestrahlt worden ist. Trotz der angespannten Wirtschaftslage fühlt man sich wohl im weiß-blauen Freistaat. Und wie ist die Situation in Herzogenaurach? Trotz verlängerter Weihnachtstage beim Wirtschaftsriesen INA-Schaeffler-Conti, trotz gewisser Schwarzmalerei, ob berechtigt oder nicht, welche die Wirtschaftsexperten verbreiten: Von Panil ist im „Steedtla" nichts zu spüren, zumal auch Stadtwerke Chef Dieter Lohmaier die Gemüter beruhigt, was die Versorgung mit Erdgas betrifft.
Wie war die Situation in der Stadt vor 140 Jahren? Ehrenbürger Luitpold Maier hat im „Herzogenauracher Heimatblatt" vom 26.Januar 1929 die Ängste und Sorgen der Herzogenauracher beschrieben. Maier stöberte in den Magistratsrechnungen von 1869. damals hielt der allseits geschätzte spätere Ehrenbürger Johann Schürr als Stadtschreiber die wichtigsten Ereignisse fest, denn eine Tageszeitung oder das städtische Amtsblatt hat es noch nicht gegeben.
Der ehrenwerte Stadtschreiber verdiente damals monatlich 41 Gulden und 40 Kreuzer; die Reichsmark als einheitliche deutsche Währung war erst nach der Reichseinigung durch Otto von Bismarck in den 70-er Jahren eingeführt worden. Diese 41 Gulden waren sicher ein ansehnlicher Betrag, von dem man gut leben konnte, vergleicht man das Salär mit den vier Gulden, die der Schneider Johann Michael Maier jun. im gleichen Jahr für zwei Mäntel für die beiden Nachtwächter erhielt.
Der Bürgermeister hieß damals übrigens Lang, aber nicht Hans, sondern Adam. Im Magistrat, sprich im Stadtrat, saßen die Herren Brand, Ziment, Hubmann, Wirth, Deigfuß (damals mit „ei" geschrieben) und Schürr. Die Ratsherren mussten sich beispielsweise mit der Vergabe des Geländes für die städtischen Tuchrahmen am Rahmberg beschäftigen. Die Tuchmacher Johann Wirth, Johann Bauer, Johann Galster, Johann Fink und Georg Adler sollten auch weiterhin für 6 Gulden Pacht den städtischen Rahmplatz (Communland, also Gemeindeland) pachten können. Der Tuchmacher Andreas Adler erhielt für eine Pacht von 25 Kreuzern , also einem Viertel Gulden „die Hänge auf der Schütt". Wie man sieht, war das Herzogenauracher Tuchmachergewerbe noch immer nicht ausgestorben, trotz der großen Textilkrise, durch die mechanischen Webstühle in den Fabriken hervorgerufen, Wie wertvoll „der Mist" früher gewesen ist, beweist die Tatsache, dass die Tuchmachersfrau Margarethe Fischer im mai 1869 den Zuschlag bekam, gegen ein Entgelt von 18 Kreuzern die Kuhfladen auf der Nutzung einsammeln zu dürfen. Dass die städtische Kasse auch vor 160 Jahren gerne Pacht- und Steuergelder nahm, beweist die Verpachtung des Exerzierplatzes im Weihersbach für die Grasnutzung an fünf Herzogenauracher Familien.
Von dem Maurergesellen Georg Müller und „Konsorten" (Mitarbeiter, Kollegen)wurde auf der Nutzung Lehm für 25 Klafter Backsteine gegraben. Für jedes Klafter musste er 45 Kreuzer bezahlen. Michael Lederer wurde „die Hut des Viehs überlassen" und er erhielt außerdem die Wiese am Gilgenweiher zur Haltung eines zweiten Zuchtstiers.
1869 war es noch nicht möglich durch Zuzug nach Herzogenaurach automatisch das Bürgerrecht zu erhalten; man musste einen Leumund aufbieten oder bei Herzogenauracher Bürgern aufgenommen werden. Und so wurden 1869 u.a. Christoph Baier, der Lehrer Adam Bauer, Konrad Fischer, Dorothea und Emma Schuhmacher und August Bub als Bürger aufgenommen.
Schließlich wurden „nächst dem Habermaierschen Gasthause" (Erlanger Straße) „elf mächtige Pappeln" zum Verkauf angeboten, die „Feuerlöschmaschine" musste repariert werden; sie war bei zwei kleineren Bränden eingesetzt worden.
Klaus-Peter Gäbelein