Dem Heimatverein gehen die Themen nicht aus, wenn es darum geht in der Geschichte oder in Herzogenauracher Vergangenheit zu stöbern. Herbert Dummer, Gesprächskreisleiter der Veranstaltungsreihe „So war es früher" fragte diesmal, welche Erinnerungen ältere Herzogenauracher an den Wonnemonat Mai in früheren Tagen haben.
„Auf den 1. Mai hab´n wir uns besonders g´freut. Da senn mir, die ganze Familie naus in Wald und mir hab´n a Wanderung g´macht, meistens auf Reuth", erinnert sich Barbara H. an ihre Kindheit vor über 50 Jahren. „Die Brotzeit hatten wir dabei und wenn wir im Gasthaus eingekehrt sind, gab es a Schabeso", denn so hieß die süße Markenlimonade damals. Spontan stimmen weitere Gesprächsteilnehmer mit ein: „Ab Mai haben wir uns auf die „Staffeln" (Treppen vor den Häusern) und aufs Pflaster (auf die Steine) setzen dürfen", so erinnern sie sich. Und während die Mädchen die kurzen Söckchen oder bunte Kniestrümpfe zu den Röcken tragen durften - Hosen waren für Mädchen vor 50 - 60 Jahren noch tabu - schlüpften die Buben in die kurzen Lederhosen, die sie bis zum Herbst trugen. Die Hosen wuchsen mit ihren Trägern und je speckiger sie waren, umso wertvoller waren sie.
Beliebt waren bei den Heranwachsenden, in den 60-ern sagte man „Teenager" zu ihnen, die Maiandachten. Man ging tatsächlich ohne Zwang und freiwillig abendlich in die Pfarrkirche, denn das Schönste war nach den Marienliedern immer der Nachhauseweg. "Wir haben ja sonst abends nicht aus dem Haus gedurft, aber nach der Maiandacht trafen wir unsere Freundinnen und auch die Buben und dann wurde oft ein Umweg gemacht", erinnert sich Barbara K. Da ging es über den Wiwa-Weiher und durch den Hirtengraben am Freibad vorbei und ganz „tapfere Spätheimkehrer" wagten sogar den abendlichen Spaziergang durchs „Gründla". Dass es dabei auch Ärger geben konnte, wenn man zu spät von der Andacht nach Hause kam, versteht sich von selbst.
Auf dem Nachhauseweg wurde auch mancher Schabernack getrieben: Das „Klingelputzen" war ganz besonders beliebt, aber auch das ein oder andere Gartentürchen wurde ausgehängt, bisweilen vertauscht oder versteckt. „Aber kaputt gemacht haben wir nichts - und Farbsprühdosen kannte man in unserer Jugend noch nicht!", weiß Kilian K. zu berichten. Lediglich „Holler" (Flieder) hat man „g´straft", zu hochdeutsch „mitgenommen". Das Wort leitet sich wohl vom neuhochdeutschen „Streif oder Streifen ab, was soviel bedeutet wie umherziehen, wie es das Hauptwort „Streifzug" beinhaltet. In den Sommermonaten hat man gerne auch Kirschen, im Herbst Zwetschgen oder Äpfel „g´straft". Und diejenigen, die erwischt wurden, hat man ebenfalls „g´straft" oder „gstracht", also mit Ruten „gestreift", sprich verprügelt. Die „Hollerstauden" in der Goethestraße oder in der Bamberger Straße waren für derlei „Streifzüge" besonders beliebte Ziele.
Auch die Holunderstauden wurden als „Holler" bezeichnet. Die duftenden Blüten wurden gerne für Holunderküchle hergenommen. In Pfannkuchen- oder Krapfenteig getaucht und in Butterschmalz ausgebacken waren sie eine beliebte Bereicherung des Kaffeetisches am Sonntagnachmittag.
Nachdem die Nationalsozialisten den 1. Mai generell zum Nationalen Feiertag ausgerufen hatten, wurden die Herzogenauracher bis zum Kriegsausbruch am 1. Mai in aller Früh von einer SA-Kapelle aus Erlangen geweckt. Am Vormittag gab es einen Festgottesdienst und dann ging es hinaus in die Weihersbachanlagen. Sie waren das Ziel für eine Parteikundgebung mit vaterländischen Reden. Am Nachmittag fanden Sportwettkämpfe statt und am Abend gab es im Vereinshaus einen großen Ball unter dem Motto „Tanz in den Mai".
Rund 1500 Herzogenauracher wanderten am 1. Mai 1933 zum „Eichenbrünnlein" an der Straße in Richtung Falkendorf. Der Brunnen wurde umbenannt, hieß ab jetzt Adolf-Hitler-Brunnen und war Schauplatz für den 1. Spatenstich zum Bau der Herzogenauracher Wasserleitung.
K.-P. Gä.